Kranken- statt Liebesgeschichte

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steffmcfly Avatar

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Ein Zahlendreher lässt Davey bei der ihm noch unbekannten Hannah rauskommen. Ein nettes Gespräch über einen bevorstehenden Job in London – Hannahs Heimat –, das jedoch schnell beendet wird. Eigentlich. Denn uneigentlich meldet sich Davey nachdem er die richtige Nummer gewählt und den Job bekommen hat. Aus Nachrichten werden Telefonate, aus Telefonaten Videocalls und schnell entwickeln sich Gefühle. Doch das Leben ist nun mal wie es ist und die sich anbahnende Liebesgeschichte nimmt eine plötzliche Wendung.

Der Einstieg hat mir unfassbar gut gefallen. Er ließ eine locker und leichte Liebesgeschichte vermuten, auf die ich richtig Lust hatte. Gespickt mit einer Menge Humor, romantischen Begebenheiten und vermeintlich sympathischen Charakteren. Doch statt einer romantischen Komödie über Zufälle, Schicksal, Liebe und eventuell ein wenig Herzschmerz, wird die Geschichte sehr schnell sehr schwer und befasst sich mit schweren Krankheiten, Chemotherapien, Verlust, Depression und vielem mehr. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich das so nicht erwartet hatte. Statt teilweise Schicksalsschläge einzustreuen, war die Geschichte überwiegend negativ und einfach nur sehr schwer.
Die anfängliche Euphorie über sympathische Charaktere verflog auch ziemlich schnell, denn ehe ich es mich versah, sah ich mich Hannahs Notnagel George gegenüber und einer Beziehung, die zum Scheitern verurteilt ist, voller Red Flags nur so strotzt und einfach nicht die Leichtigkeit vermittelte, auf die ich gehofft hatte. Hier hätte ich mir einfach mehr Einblicke von Davey gewünscht, wenn ich schon seinem Schicksal gegenübergestellt werde, dann auch mit der nötigen Aufmerksamkeit.

Die Charaktere waren für mich tatsächlich echt schwierig. Ich konnte keinen wirklichen Bezug zu den beiden Protagonisten aufbauen und wollte es auch irgendwie gar nicht mehr. Sie waren zu flach, zu ungreifbar und einfach keine wirklichen Sympathieträger. Auch ihre Beziehung zueinander war nicht wirklich rund. Was so gut anfing, verlief sich komplett im Sand, um dann später durch eine unnatürliche Aneinanderreihung von Zufällen wieder in geballter Kraft zurückzukommen. Eher unglaubwürdig.
Umso mehr mochte ich jedoch Hannas Nachbarin Joan und Daveys besten Freund Grant, die mir beide sofort ans Herz gewachsen sind und von denen ich wirklich gerne mehr gelesen hätte.

Der Schreibstil hat mir an sich eigentlich gefallen, aber die von der Autorin gewählte Zeitspanne machte es mir schwer, am Ball zu bleiben. Ich versteh, dass sie wichtig für die Geschehnisse war, aber irgendwie fand ich's einfach nicht ideal gelöst. Eventuell wär ein Perspektivwechsel von Hannah zu Davey auch schon die Lösung gewesen, um sich nicht dauernd Hannahs verzweifelten Versuchen, eine funktionierende Beziehung mit einem toxischen Mann zu führen, gegenüberzusehen.

Ein Roman, der ganz anders war, als zunächst angenommen, aber dennoch hab ich ihn überwiegend gern gelesen.