Genialer Folgeband

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"Die Tür zu Banecrofts Büro wurde aufgerissen, und der Mann höchstpersönlich kam mit der Blunderbuss auf seiner Schulter herausgestampft. (...) 'Also, ich bin ein vielbeschäftigter Mann, machen wir's kurz. Es spricht immer der, auf den ich mit der Waffe zeige.'"
Wer derart effizient Teamsitzungen zu leiten versteht, hat meine volle Sympathie. Vincent Banecroft, Chefredakteur der "StrangerTimes", Manchesters publizistischem Organ für alles Paranormale, hat nicht nur an Charakterbildung und Körpergeruch nochmal ordentlich zugelegt. Ein Typ, den man beim Lesen feiert, in der Hoffnung, ihm im wirklichen Leben niemals zu begegnen.
Doch so wirkungsvoll Banecroft seine Leute auch motiviert - zwischen der Redaktionssitzung und der nächsten Ausgabe liegt jede Menge Ermittlungsarbeit. Etwas Unerhörtes ist geschehen, das sogar die verfeindeten "magischen" Parteien aus dem ersten Band in Empörung vereint und zur Kooperation zwingt: in der Stadt treiben Vampire ihr Unwesen, und die, das ist ja wohl jedem klar, gibt es überhaupt nicht...
Außerdem hat eine dubiose Sanitärfirma im Redaktionsbadezimmer eine Falltür-Dusche eingebaut, vermutlich, um Volontärin Stella zu fangen, die im letzten Showdown alle - einschließlich sich selbst - mit enormen magischen Kräften überraschte.
Neben den bereits bekannten Redakteuren, Ermittlern und Geistern bevölkert der Autor diesen Teil mit weiterem skurrilen Personal, wie einen auf den Fluss verbannten Wahrsager, der wie der Name andeutet, nur die Wahrheit sagen kann und dem deshalb nicht zu trauen ist, sowie seinen sprechenden Hund Zeke, der eine ziemlich freche Schnauze hat. Außerdem leistet ein freier Reporter auf Zucker halsbrecherischen Investigativjournalismus, eine Dating-App stellt alles Marktübliche in den Schatten, und damit es Spaß macht, hat auch die Gegenseite so einiges aufzubieten.
Schließlich brennt es an allen Ecken und Enden, die "Guten" spurten in Zweierteams los, und ich musste mich konzentrieren, um alle Handlungsfäden im Blick zu behalten.
Bis zum lange vorbereiteten und dann etwas kurz abgehandelten Finale gibt es jede Menge Action fürs Kopfkino, überraschende Wendungen und viel zu lachen. Für meinen Geschmack bleiben am Ende (zugunsten des dritten Teils?) jedoch zu viele Fragen offen. Der Autor kündigt im Nachwort den Folgeband ja bereits an. Vermutlich werden die losen Enden dann verknüpft.
Zugegeben, ich musste bereits den ersten Teil nochmal kurz überfliegen, um mich an alles Wichtige zu erinnern. Kann natürlich am fortgeschrittenen Lesealter liegen, doch McDonnells Prosa lebt vor allem von schnellen Szenenwechseln, Wortwitz, Schlagfertigkeit in den Dialogen und Situationskomik und ist entsprechend kurzlebig. Ein Vergnügen für den Moment, aber darin unschlagbar.
In diesem Sinne kann ich Dank und Kompliment an André Mumot nur wiederholen: garantiert pointensicher übersetzt! Autor und Leserschaft können sich glücklich schätzen, dass er den kuriosen Humor des preisgekrönten irischen Stand-up-Comedians so genial ins Deutsche überträgt!