Reise in die Vergangenheit – ein Journalist kehrt zurück zu seinen Wurzeln

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marionhh Avatar

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Journalist Paul Schwartzmüller aus Köln erhält ein famoses Jobangebot: Chef vom Dienst bei der Zeitung, für die er bislang freischaffend gearbeitet hat. Da holt ihn seine Vergangenheit ein: Seine Tante aus Rumänien hat ihm ihr Haus vermacht, in dem er glückliche Kindheitssommer verbracht hat. Für Paul ein Schock, für ihn war sie schon lange verstorben, seit er mit zehn Jahren mit seinem Vater aus Rumänien wegging. Seine Vergangenheit als Siebenbürger Sachse hat er verdrängt. Mit dem festen Vorsatz, das Haus schnell zu verkaufen und dann den neuen Job anzutreten, reist Paul in die alte Heimat. Schnell hat er wieder Kontakt zu seinem alten Freund Sorin. Da geschieht ein Unglück: Bei einer von Sorins Führungen durch das Dracula-Schloss stirbt ein Mann, der als Widersacher Sorins galt und im Dorf allgemein unbeliebt war. Als Sorin verhaftet wird, bittet er Paul ihm zu helfen. Paul fängt an das zu tun, was er am besten kann: recherchieren. Dabei taucht er ein in die Geschichte des Dorfes und der Menschen und muss sich eingestehen, dass er tief mit ihnen verbunden ist.

Kein klassischer Krimi, eher eine Reise in die Vergangenheit und in die Geschichte der Region Siebenbürgen, uns besser bekannt als Transsylvanien. Die sehr schön geschriebene Geschichte beschreibt liebevoll die Umgebung und ihre Menschen und vermittelt dem Leser, dass dieser vielseitige, traditionell geprägte Landstrich so viel mehr ist als der Wohnort des weltbekannten Grafen mit den langen Eckzähnen. Tief verwurzelt sind die Menschen mit ihrer Heimat, und auch Paul lässt sich schnell vereinnahmen vom Flair und vom guten Essen. Seine Streifzüge durch die Region, sein Aufeinandertreffen mit den Menschen und die Aufarbeitung seiner Vergangenheit nehmen denn auch den größeren Raum ein. Mit vielen rumänischen Spracheinschüben, traditionellen Speisen und Getränken und Beschreibungen vom Leben und Feiern kommt sehr viel Lokalkolorit herüber, als Leser taucht man direkt mit ein und fährt mit Paul in seinem klapprigen Mietwagen durch die Pampa. Dabei tritt mitunter die Aufklärung des Todesfalls und die Ermittlungsarbeit doch sehr in den Hintergrund.

Sehr überzeugend gelingen der Autorin die Beschreibungen von Land und Leuten, ihr Leben zwischen Tradition und Moderne, zwischen Aberglaube und Christentum, und man merkt deutlich, wie sehr sie ihr am Herzen liegen. Ihre Charaktere sind gut ausgearbeitete Persönlichkeiten, die authentisch wirken und tiefschichtig sind. Paul ist sympathisch, wenn auch etwas träge, und man lebt mit ihm mit. Ebenso interessant sind Maja und noch mehr das Sinti-Mädchen Pusomori, ohne die Paul rein gar nichts herausgefunden hätte. Pusomori ist es auch, die die Geschichte ordentlich vorantreibt und durch deren eingeschobene Perspektive wir als Leser mitunter mehr erfahren als durch die Hauptgeschichte.

Einiges kommt mir aber leider zu kurz. Ich hätte mir gewünscht, dass es weniger um gutes Essen und viel Schnaps trinken geht und mehr um die Ermittlung und Aufklärung des Falls, der Motive und Persönlichkeit des Toten und seiner Machenschaften. Nicht zuletzt hätte man auch die Hintergründe des politischen Systems und was es mit den Menschen gemacht hat detaillierter beleuchten können. Einiges blieb doch recht oberflächlich. Schön fand ich Pauls Läuterung und Rückbesinnung auf seine alte Heimat und ihrer Werte und sein Auseinandersetzen mit seiner eigenen Geschichte.

Fazit: Wer einen spannenden Krimi erwartet mit knallharter Recherche, Gefahr für Leib und Leben oder spannungssteigernde Cliffhanger, wird eher enttäuscht sein. Die Geschichte lebt vom Lokalkolorit und seinen wunderbaren Figuren. Dennoch lässt sie einen gut eintauchen in eine Welt fernab der Touristenattraktionen und bringt uns eine faszinierende Region und ihre Kultur näher.