Zu Besuch auf Schloss Bran

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Zu Besuch auf Schloss Bran

„Tod in Siebenbürgen“ von Lioba Werrelmann aus dem Eichborn Verlag

„Der Heruntergekommene war noch nicht zurück. Ein gutes Zeichen, beschloss das Mädchen und kletterte aus seinem Versteck“

Lioba Werrelmann entführt uns Leser*innen in ihrem neuen Roman in das gegenwärtige, als auch vergangene Siebenbürgen. Der Journalist Paul Schwartzmüller migriert im Alter von 14 Jahren mit seinem Vater in den ’90er Jahren nach Deutschland. 35 Jahre später erhält er ein notarielles Schreiben, demnach er einen Hof in Siebenbürgen, von seiner längst totgeglaubten Tante erhält. Mit dieser Erbschaft wird Paul von jetzt auf gleich mit seiner frühen Vergangenheit konfrontiert. Zögerlich nimmt er die Reise nach Siebenbürgen an, um zu klären, wann genau seine Tante Zizi nun verstorben ist. Dabei taucht Paul sofort bei Ankunft in seine kindliche Vergangenheit ein. Von Beginn an spürt er, der Heruntergekommene, dass ihm ein subtiles Misstrauen entgegengebracht wird, welches sich Paul nicht erklären kann und wer ist die Person, die angibt seit seinem Verschwinden vor 35 Jahren auf dem Hof seiner Tante zu leben. Nur sein Freund Sorin begegnet ihm mit alter Verbundenheit. Doch diese dauert nicht lange an, da Sorin ziemlich schnell wegen Mordverdachtes von der rumänischen Polizei festgenommen wird. Nun liegt das gesamte Augenmerk des Dorfes auf Paul. Die Erwartung ist groß, dass er als deutscher und bekannter Journalist einen der Ihren aus dem Gefängnis holt und dessen Unschuld beweist.

Geschickt verflechtet Lioba Werrelmann die Vergangenheit mit in die Gegenwart von Paul. Sie versteht es ausgezeichnet ihre Figuren, sei es menschlicher oder tierischer Natur in Szene zu setzen. Wir Leser*innen werden nicht nur von der Natur und den hiesigen Gebräuchen verzaubert, sondern erleben auch mit wie Paul mit sich und seiner Kindheit zu kämpfen hat. Gleichwohl tauchen wir ab in eine dörfliche Gemeinschaft die eine Diktatur hinter sich gelassen hat und dennoch es versteht zusammen zu halten. Wir erleben ein Dorf was sich anscheinend 35 Jahre lang sich wenig verändert hat.

Mir hat der Roman unglaublich gut gefallen. Die ganze Zeit habe ich mich gefragt, was in der Kindheit von Paul passiert sein mag und am Ende, ob ein Schuldgefühl gerechtfertigt war oder ist. Die Figur Paul wird einfühlsam beschrieben und eröffnet die Gefühle und Gedanken von ihm wie es selten in einem Krimi geschieht. Dabei wird ein unglaubliches, skandalöses und wirtschaftliches Geschehen in der Gegenwart verarbeitet. Aber auch die Volksgruppe der Roma erhält in diesem Roman ihren gebürtigen Platz. Am Ende ist der Spannungsbogen so hoch, dass das Buch vor lauter Neugierde nicht mehr aus der Hand gelegt werden kann. Lioba Werrelmann hat einen starken Charakter namens Paul ins Leben gerufen, der hoffentlich in naher Zukunft als Investigativ Journalist weitere Ungerechtigkeiten aufdecken wird. Zum Schluss haben wir dennoch einen subtilen und gerissenen Mörder mit überführt.

Ein großartiger Roman, der nach einer Fortsetzung lechzt und absolut lesenswert ist!