Nur für Ortskundige

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
suse9 Avatar

Von

 

Mit gemischten Gefühlen lege ich das Buch „Tödliches Requiem“ weg. Die ersten Seiten des Romans überzeugten mich und der Schreibstil Paolo Roversis gefiel mir sehr gut. Die Idee den einzelnen Abschnitten ein Musikstück/Lied voranzusetzen, in dem sich die Handlungen widerspiegeln sollten, fand ich originell.

 

Der Journalist Radeschi hat keinen Führerschein und das nicht aus Überzeugung sondern schlicht, weil er die Prüfung auch nach mehrmaligen Versuchen nicht geschafft hat. Also liebt er seine altmodische Vespa umso mehr und eilt mit ihr von Schlagzeile zu Schlagzeile. Seinen Nebenjob als Verlagsberater verspielt er leichtsinnig, als er auf einer Buchpräsentation die schlechte Qualität eines Romans anprangert. Auch in seinem persönlichen Leben scheint so einiges schief zu laufen, denn nur sein Hund Buk und sein geliebter Ficus warten zu Hause auf ihn. Da kommt ihm der Mord am Mailänder Bürgermeister vor der Scala gerade recht und eifrig stürzt er sich in die Ermittlungen.

 

So weit ist an dem Roman nichts auszusetzen. Die Personen sind sympathisch, der Fall interessant und der Schreibstil – wie bereits erwähnt – einnehmend. Das Lesen bereitete mir demnach Freude und ging gut voran.

 

Doch nun komme ich zu den negativen Aspekten, die ich ja schon anklingen lassen habe und die den Roman für mich verdorben haben. Ich finde es schön, wenn jemand viele Fremdsprechen beherrscht. So würde auch ich gerne neben der englischen Sprache die italienische und französische beherrschen. Leider ist dem nicht so. Für das Verstehen dieses Buches wäre es aber von Vorteil gewesen. Es kommen sehr viele Begriffe und Sätze in den genannten Sprachen vor, die nicht erklärt/übersetzt werden. Mir hätte schon eine kleine Fußnote gereicht. Jeder Leser könnte dann selbst entscheiden, ob er sich die Vokabeln übersetzen würde oder lieber darüber hinwegliest. Ich fühlte mich vorgeführt und war verärgert, dass mir die genannten Passagen unzugänglich blieben. Leser, die Mailand oder Paris einen Besuch abgestattet haben, werden den Roman wahrscheinlich mit Genuss lesen. Viele Straßen, Lokalitäten, Sehenswürdigkeiten werden erwähnt und beschrieben. Für mich Unkundige blieben die versteckten Andeutungen, verborgenen Pointen jedoch im Dunkeln, so dass ich sie nur frustriert überlesen konnte.

 

Dies alles sind kleine Dinge, die an dem vorerst guten Eindruck, den ich beim Einlesen gewonnen hatte, kratzten. Hinzu kam noch das Alkoholproblem, das Radeschi definitiv hat (morgens 2-3 Bier, die Nennung der Biermarken mit inbegriffen, mittags "nur" ½ Flasche Wein und bei den Getränken zum Abendessen war ich dann schon nicht mehr schockiert) und die Tatsache, dass die eigentliche Aufklärung des Mordes an dem Mailänder Bürgermeister so in den Hintergrund gerückt ist, dass sie mich dann auch wirklich nicht mehr groß interessierte. Mit enormen Cliffhangern versuchte der Autor Spannung aufzubauen. Da stand ich der Lösung des Rätsels aber schon so gleichgültig gegenüber, dass mich das zugegeben überraschende Ende nicht mehr überzeugte.

 

Schade, dass sich ein überaus vielversprechendes Buch immer mehr zum Ärgernis für mich entwickelte. Trotz der von mir 3 vergebenen Sterne (besser wären 2,5) für die erste Hälfte des Romans, spreche ich keine Empfehlung aus.