Gar nicht so uebel

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yellowdog Avatar

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Dieses Reisebuch ist mehr als man denkt und noch vielschichtiger als durch die Leseprobe erwartet. Tina Uebel unternimmt eine siebenwöchige Reise durch
Deutschland – Serbien – Bulgarien – Türkei – Iran – Turkmenistan – Usbekistan – Kasachstan – China, um in Shanghai ein Stipendium anzunehmen.
Stilistisch erinnert das Buch an einen ausformulierten Blogtext, auf den es wohl auch basiert.

Schon am Anfang mit Stimmen im Zug geht es los mit einer ganzen Reihe wichtiger Themen.
Tina Uebel reist überwiegend mit dem Zug. Oft ist es sehr heiß und im ICE fallen die Klimaanlagen aus, da ist sie schließlich froh, wenigstens in einem Regionalzug Fenster aufmachen zu können.

Tina Uebels Ton ist oft ironisch, stets selbstbewusst. Man kann diesen Ton manchmal aufdringlich empfinden.
Dafür braucht man aber keine Angst haben, dass das Buch an irgendeiner Stelle trocken oder langweilig wird.
Durch ihre offene Art hat Tina Uebel keine Probleme mit den Menschen, denen sie begegnet, zu kommunizieren, selbst wenn es Sprachbarrieren gibt. Sie versteht es, mit gegensätzlichen Kulturen umzugehen.

Letztlich habe ich viel für den humorvollen Aspekt auf Reisen übrig. Manche Passagen sind zum Brüllen komisch. Feingeister empfinden das möglicherweise nicht so. Mich überzeugt aber die Selbstironie, die die Autorin an den Tag legt.
Ein früher Höhepunkt ist der Tango in der Türkei.
Ansprechend, mit welcher Sympathie Tina Uebel den besuchten Orten begegnet. Fast überrascht berichtet sie von der Freundlichkeit, mit der man ihr z.B. in Teheran im Iran begegnet. Zu dem was sie wahrnimmt gehören auch die krassen Gegensätze in ein und demselben Land. Überhaupt entlarvt sie mehrfach klischeehafte Erwartungen, natürlich ohne dabei gleich kritiklos zu werden. Das ganze Teheran-Kapitel gefällt mir sehr gut.
Turkmenistan und Usbekistan sind auch interessant, haben aber eine ganz andere Atmosphäre.
Der Chinateil am Ende ist überraschend kurz, schade eigentlich.

Uebel unterwegs zu lesen hat mir Spaß gemacht und das ist ja nicht das schlechteste, was man über ein Buch sagen kann.