Interessante Begegnungen im Zug und anderswo

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waldeule Avatar

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Tina Uebel reist nach Shanghai. Nicht mit dem Flugzeug wie die meisten Menschen, auch nicht mit der bekannten Transsibirischen Eisenbahn, sondern auf individuellen Bahnstrecken quer durch Zentralasien. Zu unserem Glück, denn in ihrem Buch erzählt sie von ihrer aufregenden Reise, von Ereignissen und Orten und in erster Linie von vielen Begegnungen mit Menschen.

Entstanden ist das Reisetagebuch aus ihrem Blog, so sind die einzelnen, lesefreundlich kurzen Kapitel tageweise unterteilt. Man merkt, dass Tina Uebel eine routinierte Schreiberin ist: ihre Eindrücke lesen sich sehr flüssig, unterhaltsam und vor allem kurzweilig. Sie plaudert ganz offen über ihre Gedanken, einige Male konnte ich ihr allerdings (auch wegen der Verwendung nicht übersetzter fremdsprachlicher Begriffe) nicht mehr ganz folgen. Wichtig beim Reisen sind ihr der Kontakt und der Austausch mit Menschen, mit Einheimischen und Mitreisenden. Da liegt auch eindeutig der Schwerpunkt ihrer Erzählungen. Sehenswürdigkeiten haben natürlich auch ihren Platz, allerdings verzichtet Tina Uebel (sympathischerweise) auf große Erklärungen und verweist auch schon mal auf eigene Recherchen im Internet. Besonders interessant fand ich die durchreisten „-stan“-Länder, also Turkmenistan, Usbekistan und Kasachstan, denn von diesen zentralasiatischen Ländern wusste ich bisher herzlich wenig.

Sehr positiv aufgefallen ist mir die große Offenheit, mit der Tina Uebel ihren Mitmenschen begegnet. Sie reist um zu verstehen und ihren eigenen Horizont zu erweitern. Dazu gehört auch der sehr pragmatische Umgang mit Schwierigkeiten und an so gut wie jeder unbequemen Situation findet sie etwas Positives. Sie weiß, auf was sie sich mit dieser Reise eingelassen hat und stellt sich dementsprechend darauf ein.
Zwei Gedanken möchte ich herausgreifen, die bei mir wohl länger hängenbleiben werden:

… viele … haben mir die Frage gestellt, ob die Menschen in Deutschland glücklich seien. … Ich denke, Freiheit ist, wahrscheinlich, wie Licht. Man bemerkt sie erst in ihrer Abwesenheit. Ich denke, wüssten wir, wie glücklich wir sind, wir ertaubten unter dem permanenten ohrenbetäubenden Jubelschrei, der durchs Land gellte.“ (Gespräche im Zug und anderswo S. 13)

… möchte ich einen Blick auf die Welt teilen, der eben nicht nur aus Katastrophe, Elend und Unterdrückung besteht. (Nachwort S. 240)

Abgerundet werden die Erlebnisse von zahlreichen Bildern, zwischendurch schwarz-weiß und zweimal gibt es einen Farbfotoblock. Die Schrift des Buches ist allerdings sehr klein, manche könnten damit wirklich ein Problem beim Lesen haben.

Fazit: Ein gut geschriebenes Reisebuch mit einem bemerkenswerten Blick auf die Welt zwischen Hamburg und Shanghai.