Ein Buch mit viel Herz

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mammutkeks Avatar

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Benjamin Benjamin - welch ein skurriler Name. Und auch sonst ist das Leben von Ben, wie er sich lieber nennen lässt, nicht arm an Besonderheiten. Auf die Fragen, ob er Kinder habe, muss er mit "nein" antworten, will er nicht immer die Geschichte vom viel zu frühen Tod seiner beiden Kinder erzählen, an dem er sich schuldig fühlt. Und auch eine Frau hat er seit diesem Zeitpunkt nicht mehr, obwohl er, weil er die Scheidungspapiere nicht unterschreibt, offiziell noch mit Janet verheiratet ist.
Bens Geschichte wird in "Umweg nach Hause" nach und nach erzählt - auch wenn immer noch Lücken bleiben. Wohl auch, weil es Bens Erinnerungen sind, und die sind durch ihn selbst gefiltert. Mit den Dingen, die ihn zu stark belasten, will er sich nicht auseinandersetzen.
Auch Trevors Geschichte, die von einer fortschreitenden Muskelkrankheit beherrscht ist, wird nur ansatzweise erzählt. Klar ist, dass Trevor ein normaldenkender 19jähriger ist, der in seinem durch Lähmungen und Verwachsungen geprägten Körper jedoch nicht das machen kann, was er eigentlich möchte. Und so dienen ihm und Ben, den er als Betreuer akzeptiert, die Ausflüge in die Einkaufsmall mit Kinobesuch und Fish'n'Chips als Katalysatoren für das Leben. Dazu liebt Trevor die TV-Wetterberichte und Dokus über skurrile Orte.
An diese Orte soll sie die eigenartige Reise, auf der die beiden so verschiedenen Männer auch noch Dot und die hochschwangere Peaches mitnehmen, bringen. Allerdings bleiben die Skurrilitäten seltsam blass - mehr Wert legt Jonathan Evison auf die zwischenmenschlichen Probleme und Dialoge. Und genau hier liegt die Besonderheit von "Umweg nach Hause" - mit viel Empathie werden die Eigenarten und individuellen Probleme der Protagonisten geschildert.
Ich hätte das Buch zwar nicht gekauft, u.a. weil ich den Umschlag wirklich wenig gelungen finde. Sowohl Farbe als auch Design sprechen mich in keinster Weise an. Außerdem erinnerte mich der Klappentext zu sehr an eine amerikanische Variante von "Ziemlich beste Freunde". Aber die Lektüre hat mich nun eines Besseren belehrt: "Umweg nach Hause" ist ein zuweilen humorvoller, zuweilen sehr trauriger Roman, dessen Sprache und Aufbau gut gelungen sind.