Umweg nach Hause

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lunamonique Avatar

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Für seinen Roman „Alles mit Lulu“ wurde Jonathan Evison mit dem Washington State Book Award ausgezeichnet. In „Umweg nach Hause“ entwickelt sich eine schicksalhafte Freundschaft zwischen dem 39jährigen Krankenpfleger Ben und dem 19jährigen, unter einer Muskeldystrophie des Typ Duchenne leidenden, Trev.

Bens Frau Janet hat sich von ihm getrennt und will die Scheidung. 1 ½ Jahre sind seit der Katastrophe vergangen. Ben quälen die Erinnerungen an seine Kinder Piper und Jodi. Hat es einen Unfall gegeben? Ein Bewerbungsgespräch bei Elsa und dem im Rollstuhl sitzenden Trev ist Bens Chance, sein Leben wieder in den Griff zu kriegen. Tatsächlich kriegt er den Job. Trev hat nicht nur einen Schuhtick, sondern liebt es, über obskure Sexpositionen zu reden und außergewöhnliche Sehenswürdigkeiten zu sammeln. Die Beiden werden ein eingespieltes Team. Trev ist schlau, und versucht Ben und seine Mutter Elsa wegen einer Reise zu manipulieren. Elsa schiebt Ben die Schuld in die Schuhe. Wird Ben seinen Job verlieren und wieder am Abgrund landen?

Die ungewöhnliche Geschichte beginnt mit dem Kapitel „Eselsbrücken“. Ben lernt fleißig die Grundsätze und Regeln für seinen Pflegeberuf. Drei Tage nach Kursende hat er ein Vorstellungsgespräch bei Elsa und Trev. Es verläuft nicht ganz nach Plan. Dabei braucht Ben den Job dringend. Gottseidank sind Trev und er auf einer Wellenlänge. „Umweg nach Hause“ punktet mit außergewöhnlichen Charakteren wie Trev, der einen immer gleichen Tagesablauf erlebt. Erst mit Ben erweitern sich sein Freiraum und Horizont. Ben hat hart mit einem Schicksalsschlag zu kämpfen. Der Verlust seiner Familie lässt ihn nicht los. Immer wieder erinnert er sich an glückliche Tage. Als Trev den Trick mit der Reise versucht, ist Ben nach kurzer Überlegung Feuer und Flamme. Trev könnte endlich mal etwas Anderes sehen. Es scheint für beide die Chance zu sein. Mit der Reise nimmt die Spannung zu. Ein ominöser Verfolger hängt ihnen an den Fersen. Hat Janet den Unbekannten auf Ben angesetzt, damit er endlich die Scheidungspapiere unterschreibt? „Umweg nach Hause“ entwickelt sich zu einem Roadmovie. Ein Highlight ist die Sprache. Trevs flapsige Sprüche, die Dialoge zwischen Trev und Ben sind sehr unterhaltsam. Noch mehr Humor kommt ins Spiel, als Ben und Trev auf ihrer Reise die eigensinnige Tramperin Dot und das schräge Pärchen Peaches und Elton treffen. Eltons Erfindung ist der Lacher der Geschichte. Autor Jonathan Evison ermöglicht skurrile Einblicke in verschiedene Welten. Jeder seiner Charaktere hat eine ganz eigene Persönlichkeit mit Ecken und Kanten. Die Geschichte lebt von den Figuren. Dot, Trev, Ben und Co haben jeder mit anderen Widrigkeiten des Lebens zu kämpfen. Parallel erlebt Ben noch einmal die Reise mit Janet und seinen Kindern. Der raffinierte Aufbau zieht den Leser, ohne dass er es bemerkt, mitten in die Geschichte. Tempo und Spannung steigern sich. Was ist mit Piper und Jodi passiert? War es Bens schuld? Wer ist der Verfolger? Was hat Elton auf dem Kerbholz? Bens Verhalten wird immer schräger. Kann es ein Happy End geben? Am Ende rührt die Katastrophe vor 1 ½ Jahren wie vorauszuahnen zu Tränen.

Das schlichte Cover mit dem Titel auf dem Van lässt kaum erahnen, auf was für eine skurrile, unterhaltsame Geschichte man sich mit diesem Buch einlässt. Witzig und sehr informativ ist die Darstellung der Hauptcharaktere auf der ersten und letzten Doppelseite des Buches. Autor Jonathan Evison bringt mit seinem ganz eigenen Sprachstil Bilder zum Laufen. Das große Sprachtalent des Autors zeigt sich besonders in den amüsanten Vergleichen und Beschreibungen. Das Humorvolle hält die Tragik in Schach. Jonathan Evison schreibt Geschichten, die niemand so schnell vergisst. Sehr empfehlenswert!