Zurück ins Leben

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timphilipp Avatar

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Nach einem persönlichen Schicksalsschlag und zwei Jahren des sich völligen Hängenlassens steht der 40jährige Ben am Tiefpunkt seines Lebens – von der Frau verlassen, Haus zwangsversteigert, verschuldet, ohne Job und Qualifikation. Im Anschluss an einen Crashkurs zum Pflegehelfer arbeitet er für den an unheilbarer Muskeldystrophie erkrankten, an den Rollstuhl gefesselten Trev. Ben möchte den zynischen und boshaften 19jährigen aus eingefahrenen Gleisen holen. Gemeinsam reisen sie im Behindertenvan quer durch das Land nach Salt Lake City, um dort Trevs Vater zu besuchen, der vor Jahren nach Trevs Erkrankung seine Familie verlassen hat. Auf der langen Tour werden die skurrilsten Personen ihre Weggefährten und sie geraten in die abstrusesten Situationen.

Die Geschichte führt uns in dem passend dazu auf dem Cover abgebildeten Kleinbus auf einen Roadtrip durch die Weiten der USA. Die örtliche Orientierung kann der landesunkundige deutsche Leser eigentlich nur mithilfe des guten alten Atlasses oder moderner Internetsuchmaschinen behalten. Aber es lohnt sich, die Reise „mit dem Finger auf der Landkarte“ nachzuvollziehen. Denn interessante Informationen werden geboten, wie etwa, dass das größte Loch der Welt in Utah bei Salt Lake City liegt und eine Tagebaumine ist. Genau wie die Ortsnamen verwirren ein wenig die vielen Eigennamen, z.B. von Imbissketten, Kaufhäusern u.ä. Als Ausgleich dazu bewirkt ein einfacher, zuteilen ironischer Schreibstil dafür, dass das Lesen dennoch angenehm ist.
Wirklich gelungen ist die Darstellung der Romanfiguren. Fast alle sind Außenseiter oder Loser, und zwar nicht nur die beiden Protagonisten mit ihrem körperlichen Handicap bzw. verpfuschten Leben. In die gleiche Kategorie fallen die Nebenfiguren Dot (eine jugendliche Ausreißerin, die von ihrem Versager-Vater verfolgt wird), Peaches (eine hochschwangere junge Frau, deren Freund ein Kleinkrimineller ist) und Elton (Kindsvater und Möchtegern-Erfinder). Sie werden so liebenswert skizziert, dass man über ihre Schwächen gerne hinwegsieht. Trev und Ben machen in der kurzen Zeit ihrer Bekanntschaft, die zur Freundschaft wird, weil die Chemie stimmt und Ben die Behinderung von Trev richtig zu nehmen weiß, eine Entwicklung zum Positiven durch. Am Ende werden sie, wie der Buchtitel schon aussagt, zu Hause angekommen sein.
Zum formalen Aufbau fällt auf, dass die in der Gegenwart spielende Geschichte immer wieder unterbrochen wird von Rückblicken auf Bens Vergangenheit in einer Zeit, als seine Familie noch intakt war. So erhalten wir ein umfassendes Bild von Ben. Wodurch exakt die Familie auseinandergebrochen ist, wird lange zwar immer wieder vage angedeutet, spannungsfördernd aber erst sehr spät aufgelöst.

Ein Buch, das ich allen nur empfehlen kann, die etwas Besonderes mögen.