Berührende Geschichte über eine Freundschaft

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Der Roman "Und damit fing es an" von Rose Tremain nimmt einen schon gefangen, bevor man angefangen hat, die ersten Seiten zu lesen. Das Erste, was einem auffällt, wenn man das Buch sieht, ist das Titelbild. Der Name der Autorin ist in Blau geschrieben, der Titel in Rot. Blau steht symbolisch für Harmonie, Treue, Zufriedenheit, ist aber eine sogenannte kalte Farbe. Rot steht für Liebe, Wärme, Freude, Leidenschaft, aber auch Aggression und Wut; die Farbe zählt zu den warmen Farben.

Auf dem Cover sind Bilder von zwei Jungen zu sehen, die gemeinsam Eislaufen. Es wirkt so, als zögen bzw. schöben sie die Buchstaben des Titels "Und damit fing alles an" nach rechts, also in Fahrtrichtung, sodass eine Dynamik entsteht. Das passt zu dem Inhalt der Geschichte, deren Anfänge man beim Lesen der ersten Kapitel in der Leseprobe kennen lernt.

Bevor man aber anfängt zu lesen, erhält man noch einen weiteren Hinweis zum Inhalt der Geschichte und zwar in Form eines vorangestellten Zitates des französischen Moralisten Michel de Montaigne:
»Wenn man in mich dringt, zu sagen, warum ich ihn
liebte, so fühle ich, dass sich dies nicht aussprechen lässt,
ich antworte denn: Weil er er war; weil ich ich war.«
Michel de Montaigne, Über die Freundschaft (Seite 10)
Man weiß also, dass es in der Geschichte um eine ganz besondere Freundschaft gehen wird.

Diese Freundschaft entwickelt sich zwischen zwei kleinen Jungen, die Gustav und Anton heißen, die in der Nachkriegszeit in dem kleinen Ort Matzlingen in der Schweiz leben. Sie lernen sich eines Tages in der Grundschule kennen. Und obwohl sie zunächst sehr unterschiedlich wirken und aus unterschiedlichen Elternhäusern zu kommen scheinen, in denen ihnen ganz unterschiedliche Werte und Lebensregeln vermittelt werden (vgl. Seite 22: "Gustav verkündete: »Meine Mutter sagt, man soll lieber nicht weinen. Sie sagt, man muss sich beherrschen.«" und Seite 23 "Anton stammelte, er weine, weil er seine Freunde aus der alten Vorschule in Bern vermisse. »Sind sie tot?«, fragte Gustav. »Nein. Aber ich werde sie nie wiedersehen. Ich wohne
jetzt hier.« Gustav sagte: »Dann finde ich es aber blöd, deswegen zu
weinen. Ist deine Mutter nicht böse mit dir, wenn du immer weinst?«
Anton nahm die Hände vom Gesicht und starrte Gustav an. »Nein«, sagte er, »sie versteht, dass ich unglücklich bin.« »Na ja«, sagte Gustav. »Ich finde es jedenfalls ein bisschen blöd. Jetzt bist du hier, also musst du damit zurechtkommen.«), wird schon in der Leseprobe deutlich, dass sie enge Freunde werden: "Gustav erzählte Emilie von Antons Lachen. Er sagte: »Ich
höre es so gern.« In der Nacht begann er, sich lustige Geschichten für Anton
auszudenken, weil er den ganzen nächsten Tag sein Lachen
hören wollte." (Seite 26).

Der Stil der Autorin ist sehr berührend. Immer wieder findet man Sätze, die einen aufhorchen und hinterfragen lassen (Vgl. Seote 13: "»Du siehst also«, sagte sie, »du musst wie die Schweiz sein.Verstehst du? Du musst dich zusammenreißen und mutig und stark sein und dich heraushalten. Dann wirst du die richtige Art Leben führen.«" ), inspirieren (vgl. Seite 17: " Er überlegte, ob das »richtige Leben« möglicherweise in den Dingen lag, die nur er allein sehen konnte –Dingen, die unter irgendeinem Gitter verborgen waren, über das die meisten Menschen achtlos hinwegschritten" ) und einen nachdenklich stimmen (vgl. Seite 28 f.: "Derer Baum ist für die Leute etwas Besonderes, weil er in all den Turbulenzen durchgehalten hat –so wie bestimmte Dinge es offenbar manchmal tun.« und Seite 28: "Das Entscheidende ist aber, dass es ihn (den Hund, der auf einem Foto aus der Nachkriegszeit auf einem Trümmerberg saß) noch
eine Weile gab, während alles um ihn herum schon zerstört
war. Er hat durchgehalten.").

Ein feinfühliger, besinnlicher, nachdenklich stimmender und sehr berührender Roman, bei dem die leisen, feinen Töne einen in seinen Bann ziehen. Unbedingt zu empfehlen!