Ein Roman mit besonderen Ingredienzien

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amadea Avatar

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Rose Tremain hat ein leises, bewegendes, sprachlich brillantes Buch geschrieben. Unterteilt in drei Zeitabschnitte entblättert sich – nach und nach – die Geschichte.

Sie beginnt in den späten 1940er Jahren und erzählt von Gustav Perle, einem kleinen Schweizer Jungen, der an Seite seiner verbitterten Mutter in ärmlichen Verhältnissen aufwächst. Einziger Lichtblick ist die Freundschaft zu seinem Mitschüler, Anton Zwiebel. Mit ihm, einem jüdischen Kind aus reichem Haus, zieht Farbe in das Leben von Gustav ein. Musik, Ausflüge, ein gemeinsamer Urlaub…

Deutlich spürbar ist Gustavs Mutter über diesen Anton wenig erfreut. Das „Warum“ erfährt der Leser im zweiten Zeitabschnitt, der Ende der 1930er Jahre spielt. Gustavs Vater, stellvertretender Polizeikommandant von Matzlingen, hilft flüchtenden Juden durch gefälschte Einreisepapiere zum Verbleib in der Schweiz. Der humanitäre Akt fliegt auf. Der Vater wird fristlos entlassen. Die schöne Dienstwohnung ist weg. Die Ehe bekommt Risse…
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Mit Ende der 1990er Jahre geht die Geschichte weiter…

Es ist ein Buch über eine lebenslange Freundschaft mit Höhen und Tiefen. Eine Erzählung von der Suche nach Liebe und Zuneigung, von Hoffnungen und Enttäuschungen, von Verrat und Betrug.

Der Roman gibt einen sensiblen, ja geradezu liebevollen Einblick in die Seele von Gustav Perle. Schnörkellos geschrieben und voller Menschlichkeit, die mir manchmal schon fast ein Rätsel war. Alles in allem ein Lesevergnügen auf sehr hohem Niveau.

Trotzdem gibts einen Punkt Abzug. So faszinierend ich die ersten beiden Kapitel fand, von Teil 3 kann ich das einfach nicht behaupten. In meinen Augen kippt hier die Glaubwürdigkeit. Gestört hat mich der stellenweise unnötig vulgäre Ton. Er passt zu den sonst so zarten "Klängen" nämlich wie die "Faust aufs Auge"...