Melancholische Lebensgeschichte

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
apomaus Avatar

Von

Mit "Und damit fing es an" gelingt Rose Tremain eine überaus bedächtig und sorgfältig erzählte Lebensgeschichte. Gustav Perle, geboren während des zweiten Weltkriegs in der Schweiz, ist ein Mensch, der sich verzweifelt bemüht, geliebt zu werden und stattdessen von seiner Mutter lernt, sich zu beherrschen. Ohne Bilder, ohne Metaphern, ohne sensationelle Ereignisse wird ein Leben glaubhaft geschildert, so intim, als hätten die Familienmitglieder selbst erzählt. In einer unvergleichlich einfachen und schönen Sprache erzählt die Autorin und gibt Einblicke in die Gefühlswelt von Emilie und Gustav. Anton, der von Gustav verehrt, begehrt und vielleicht geliebt wird, erscheint dagegen seltsam unnahbar, obwohl er doch immer der Verletzliche zu sein scheint.
Wir erfahren, wie Gustav sein ganzes Leben lang nur anderen dient ohne es wirklich zu merken, wie er schon von Geburt an ein anderes - verstorbenes - Kind ersetzen soll und ihm zur Last gelegt wird, dass er das nicht kann. Mit Melancholie und einer stillen Sehnsucht erträgt Gustav alles, was die Menschen ihm auferlegen, von denen er so gerne geliebt worden wäre. Mehr als einmal merkt er selbst, dass er lieber "nein" gesagt hätte, aber so traurig er ist, er zerbricht nicht daran und verzweifelt nicht.

Noch mehr als die Geschichte an sich macht die Erzählweise von Rose Tremain (und ihrer Übersetzerin Christel Dormagen) das Buch zu einem kleinen Schmuckstück mit funkelnden Edelsteinchen, wie dem Gin-Rommé-spielenden Hotelgast, der den schönen Satz sagt: "Beim Zeitverschwenden ändert man das Wesen der Zeit. Das Herz wird beruhigt." Diese Art der Zeitverschwendung ist das Lesen dieses Buches für mich gewesen.