Die Stufen des Lebens

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r.e.r. Avatar

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Ein kurzer Exkurs zu Beginn. Wie fühlen sich Menschen inmitten einer Katastrophe, von der sie selbst betroffen sind? Wer denkt noch an die verschütteten Kumpel, die zu Beginn des Jahres aus ihrem dunklen Erdverlies gerettet wurden? Was dachten ihre Frauen? Waren sie davon überzeugt ihre Männer wiederzusehen? Helen hat von Anfang an die Gewissheit, dass ihr Mann Cal tot ist als sie erfährt das die Bohrinsel Ocean River gesunken ist. Sie wünscht sich die drei ungewissen Tage wären auch ihr als Ungewissheit geschenkt gewesen. Aber so war es für sie nicht. Sie hatte die Gewissheit tief im innern. Diese schloss sie von der Gemeinschaft der Hoffenden aus. Ihr Instinkt war richtig.

Das war 1982. Sechsundzwanzig Jahre später ist ihr Sohn Johnny am Telefon. Weit weg, am anderen Ende der Welt. Er hat etwas mitzuteilen. Er, der in dem Unglücksjahr als zehnjähriger viel auffangen musste und aufgefangen hat. Ein kleiner Erwachsener, der bei der Geburt seiner jüngsten Schwester eine große Rolle spielte. Vielleicht eine zu große, zu gewichtige Rolle. Denn jetzt verrät er der Mutter, ist eine Frau schwanger. Irgendeine Frau mit der er in der Kiste war. Im siebten Monat. Und er hat nur gefragt, warum sie nicht abgetrieben hat?

Lisa Moore lässt sich Zeit. Die bloßen Fakten von Tod und Geburt sind eingebettet in eine Flut von Erinnerungen und Gedanken. Mal denen von Helen, einer mittlerweile Mitte fünfzigjährigen Frau. Mutter von vier Kindern und zwei Enkelkindern. Bald drei, wenn man den Gedanken von Johnny folgt, die ebenfalls ausführlich dargelegt werden. Man muss sich Zeit nehmen für diesen Roman. Die Worte wiegen schwer und beeindrucken auf eine wohltuende Art. Sicher eine Lektüre der lohnenden Art. Etwas für die Seele scheint mir.

Noch ein Nachsatz zum Cover (das ja bald ebenfalls über vorablesen bewertet werden kann). Dieses stille, in sich ruhende Bild passt hervorragend zum Inhalt der Leseprobe. Grau aber nicht hoffnungslos. Gut gewählt.