Interessante Einblicke

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meggie3 Avatar

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In „Unter Ultras“ nimmt James Montague den Leser oder die Leserin mit in die Welt der Ultras. Dafür hat er einige Kontinente bereist und seine persönlichen Erfahrungen und Einblicke mit historischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen kombiniert. Herausgekommen ist ein gut geschriebenes, sehr informatives Buch, das sich zu lesen lohnt. Allerdings ist es eher „nichts für zwischendurch“, zu komplex sind häufig die gesellschaftlichen, historischen und politischen Spannungsfelder.

Das Buch beginnt thematisch bei den Wurzeln der Ultraszene in Südamerika, beschäftigt sich mit den Entwicklungen in europäischen Staaten wie zum Beispiel in Griechenland, Serbien, Albanien, Deutschland und Schweden, aber auch mit der indonesischen Ultrakultur und den relativ neu entstandenen Ultragruppen in den USA.

James Montague beschreibt tatsächlich das gesamte Spektrum an Aktivitäten und politischer Ausrichtung von Ultragruppen. Rechtsextreme Überzeugungen und offenen Faschismus, brutale Gewalt, mafiaähnliche Strukturen, aber auch Projekte gegen Homophobie, soziales Engagement und die Rolle der Ultras beispielsweise bei den Maidan-Protesten in der Ukraine und den Protesten um den Gezi-Park in der Türkei. So erschreckend und abstoßend einige Schilderungen auch sind, es hat sich bei mir das Gefühl verstärkt, dass eine Differenzierung nötig ist. Dies versucht James Montague auf den 400 Seiten.

Als für mich sehr positiven Punkt ist die Auswahl der Länderbeispiele hervorzuheben. So habe ich beispielsweise das Kapitel über Indonesien als ausgesprochen informativ und spannend empfunden. Gut gelingt es dem Buch die Unterschiede zwischen den Ultragruppen hervorzuheben, aber auch Gemeinsamkeiten zu finden. Insgesamt habe ich einen guten Überblick über die sehr komplexen Beziehungen zwischen Ultras und befreundeten und verfeindeten Ultragruppen, den Vereinen und der Politik gewinnen können.

Ich muss zugeben, dass einige Kapitel für mich anstrengender zu lesen waren als andere. Das mag viel damit zu tun haben, wie groß das Vorwissen um Konflikte und Geschichte der betreffenden Region ist. Immerhin hat bei mir das Bewusstwerden einiger Wissenslücken zu einer Recherche im Nachhinein geführt. Alles in allem habe ich also sehr viel gelernt und das Buch hat Anstoß gegeben, mich noch weiter mit einigen Themen zu befassen.

Ich glaube, dass es beim Lesen des Buches von Vorteil ist, sich sowohl ein bisschen für Fußball als auch für Politik und Geschichte zu interessieren. Sicherlich lässt sich das Sachbuch auch ohne Detailkenntnisse über sämtliche Spieler der Klubhistorie eines Vereins lesen, dennoch hat es mir geholfen, wenn mir zumindest die Vereinsnamen geläufig waren. Es gibt auch so schon genügend neue Namen und Begriffe, die sich während eines Kapitels zu merken sind. Ansonsten ist das Buch allen zu empfehlen, die Lust haben, sich jeweils über etwa dreißig Seiten recht intensiv mit der Ultraszene in einem bestimmten Land bzw. eines ausgewählten Vereins zu beschäftigen. So ist es auch möglich nur einzelne Kapitel oder unchronologisch zu lesen.