Kein literarisches Wagnis, aber alltägliche Echtheit

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
esclimont Avatar

Von

»Verheiratete Frauen« ist kein stilistisches oder literarisches Wagnis, keine Neuerfindung der großen Themen wie Ehe, Freundschaft oder Untreue – und doch ist es ein Roman, der sich leicht und angenehm liest, dabei unterhält, berührt und stellenweise sogar zum Nachdenken bringt. Cristina Campos erzählt von drei Frauen in ihren Vierzigern – Gabriela, Silvia und Cósima –, die in Barcelona leben, lieben, leiden, betrügen, hoffen, zweifeln und sich dabei gegenseitig auffangen. Es ist eine Geschichte, wie man sie kennt – vielleicht sogar allzu gut –, aber manchmal liegt gerade in dieser Vertrautheit der Reiz.
Natürlich: Der Plot ist nicht neu. Ehekrisen, heimliche Affären, der Wunsch nach Freiheit, das Gefühl, irgendwie im eigenen Leben zu ersticken – all das hat man in unzähligen Romanen und Filmen schon gelesen und gesehen. Campos fügt dem nichts wirklich Eigenes hinzu, weder thematisch noch stilistisch. Ihr Schreibstil ist schlicht, funktional, manchmal gar ein wenig unausgereift. Manche Dialoge sind holzschnittartig, einige Pointen wirken bemüht, fast banal. Die Sprache dringt nicht in tiefere Schichten vor, sie beschreibt, was ist, bleibt dabei aber oft an der Oberfläche. Und doch: »Verheiratete Frauen« hat etwas, das man nicht unterschätzen sollte – eine gewisse emotionale Echtheit. Die Figuren, so archetypisch sie auch sein mögen, fühlen sich lebendig an; man lässt sich auf sie ein, begleitet sie durch ihre Zweifel, ihre kleinen Siege und die allzu menschlichen Rückschläge. Campos gelingt es, das Lebensgefühl von Frauen in der Lebensmitte mit Empathie und Leichtigkeit zu schildern – ohne Schwulst, ohne Pathos. Und das macht den Roman trotz aller Kritikpunkte lesenswert.
Gerade als männlicher Leser empfand ich »Verheiratete Frauen« fast als aufschlussreich. Man taucht ein in Gespräche, Gedanken und Stimmungen, die einem sonst oft verborgen bleiben. Natürlich repräsentieren diese drei Frauen nicht alle Frauen – aber sie geben Einblick in ein bestimmtes Erleben, in Sehnsüchte, Frustrationen, Lebenslügen und das stille Ringen um Würde und Selbstbestimmung.
Fazit: Literarisch ist dieser Roman nicht bedeutsam. Er ist nicht tiefgründig, nicht sprachlich besonders, nicht überraschend oder stilbildend. Aber er ist unterhaltsam, nah an seinen Figuren und durchaus bewegend. Ein kluger, unprätentiöser Roman über das Leben, wie es eben oft ist: widersprüchlich, unvollkommen, manchmal schmerzhaft – und dennoch nicht ohne Licht.