Melancholisch, ergreifend und unheimlich schön

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hangmansjoke Avatar

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Inhalt aus dem Klappentext:
Jules und seine Geschwister Marty und Liz sind grundverschieden, doch ein tragisches Ereignis prägt alle drei: Behütet aufgewachsen, haben sie als Kinder ihre Eltern durch einen Unfall verloren. Obwohl sie auf dasselbe Internat kommen, geht jeder seinen eigenen Weg, sie werden sich fremd und verlieren einander aus den Augen. Vor allem der einst so selbstbewusste Jules zieht sich immer mehr in seine Traumwelten zurück. Nur mit der geheimnisvollen Alva schließt er Freundschaft, doch erst Jahre später wird er begreifen, was sie ihm bedeutet – und was sie ihm immer verschwiegen hat. Als Erwachsener begegnet er Alva wieder. Es sieht so aus, als könnten sie die verlorene Zeit zurückgewinnen, doch dann holt sie die Vergangenheit wieder ein.

Meinung:
Im zarten Alter von 10 Jahren verlieren Jules und seine Geschwister Marty und Liz nicht nur ihre Eltern, sondern auch nach und nach den Bezug zueinander. Zwar kommen sie alle auf dasselbe Internat, leben sich aber mehr und mehr auseinander. Auch als Erwachsene scheint es für sie schwierig zu sein, aneinander Halt zu finden. Aber gerade der sensible Jules leidet immens unter dem Verlust. Einst selbstbewusst und leicht vorlaut, hält er sich nun eher zurück, drängt sich nicht nach vorne und pflegt seine Trauer, ohne sich mit ihr auseinandersetzen zu wollen. Einzig Alva, seine Schulfreundin, gibt ihm eine Perspektive und holt ihn aus seinen Tagträumen heraus. Doch ihre Wege trennen sich und erst als Erwachsene treffen sie sich wieder. Doch immer noch steht Unausgesprochenes zwischen ihnen.
Jules ist zweifelsfrei eine tragische Figur, die man am liebsten in den Arm nehmen, drücken und trösten möchte. Er ist ein Träumer und eigentlich hängt er sehr an seiner Familie und seinen Geschwistern. Der Verlust der Eltern verursacht eine Perspektivenlosigkeit bei ihm, denn immer steht da die Frage im Raum, was wäre, wenn? Ob Jules es schafft, seine Talente zu nutzen und die Verluste in seinem Leben zu überwinden?
Auch seine Geschwister sind spannend umgesetzt und ausgebaut. Zwar befremdete mich manche Eigenschaften von Marty und Liz, trotzdem konnte ich immer Bezug zu ihnen aufbauen. Einzig Alva blieb mir lange ein Rätsel und es hat lange gedauert, bis ich mit ihrer Figur richtig warm wurde.
Im Buch geht der Autor der Frage nach, was einen Menschen ausmacht und welche Eigenschaften an einem Menschen unabänderlich sind, egal welchen Weg das Leben für einen nimmt. "Was wäre, wenn" Fragen tauchen immer wieder auf, denen Jules in seinen Tagträumen nachgeht. Das Buch startet in der Gegenwart und wird dann chronologisch in Rückblicken auf die Vergangenheit erzählt. Erzählt wird die Geschichte in der dritten Person, wobei der Blickwinkel auf Jules gerichtet bleibt. Trotz dem eher ruhigen Erzähltempo ist die Geschichte auf keiner Seite langweilig und hat es geschafft, mich vom ersten Satz an einzufangen. Benedict Wells kann meisterhaft erzählen und das Buch wollte sich nicht mehr aus der Hand legen lassen. Ich habe gehofft, gebangt, gelitten, gelacht, geweint und geträumt mit Jules. Und habe das Buch mit einem feinen Lächeln und einer Träne im Augenwinkel geschlossen.

Fazit:
Vom Ende der Einsamkeit kommt mit leisen und melancholischen Tönen daher, beeindruckt aber mit einer Eindringlichkeit und Intensität, die mich bewegt und tief berührt zurück lässt. Die ergreifende Geschichte, der großartige Schreibstil und die Tiefe der Thematik wirken lange nach. Für mich war es eines der schönsten Leseerlebnisse, das ich in diesem Jahr bisher mit einem Buch hatte.
Von mir gibt es 5 von 5 Punkten.