Melancholisch schön

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alice pleasance Avatar

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Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Jules, dem Jüngsten der drei Geschwister. Genauer gesagt sind es seine Erinnerungen, die er rückblickend mit dem Leser teilt. So reflektiert er das Geschehene und fragt sich immer wieder, wie sein Leben unter anderen Umständen hätte verlaufen können. Der Fokus liegt dementsprechend auf Jules, doch auch aus dem Leben der Geschwister erzählt er vieles. Denn obwohl sich die drei aus den Augen verlieren, spielt doch bei allen der Tod der Eltern eine entscheidende Rolle. Sie lernen die Einsamkeit kennen und versuchen auf sehr unterschiedliche Weise damit umzugehen.
Die Einsamkeit und die daraus resultierenden Ängste und (Selbst-)Zweifel sind die zentralen Themen des Romans. Vor allem Jules lässt sich immer wieder davon beeinflussen und braucht lange, bis er seinen Weg findet und schließlich auch gehen kann. Seine Erzählung ist bruchstückhaft und besteht nur aus den wichtigen, prägenden und emotionalen Phasen seines Lebens. Diese werden daher sehr detailliert beschrieben, während er andere nur am Rande erwähnt.
Der Schreibstil ist einfach gehalten, doch werden die Geschehnisse oft mit philosophischem Blick betrachtet und auch in den Dialogen wird über das Leben und die Liebe philosophiert. Zunächst kam es mir unpassend vor, doch wenn man bedenkt, dass Jules sich zurückerinnert und über einzelne Situationen nachdenkt, sie genau analysiert, macht es Sinn. Erinnerungen sind subjektiv und verändern sich mit der Zeit. Man vergisst, die Erinnerungen verschwimmen und wenn man sich dann nach vielen Jahren zurückerinnert, hat sich das Bild verändert. So fand ich den Schreibstil schließlich doch sehr passend.
Vom Ende der Einsamkeit ist oft traurig, immer wieder hoffnungsvoll, manchmal auch fröhlich - doch den melancholischen Unterton legt der Ich-Erzähler bis zum Schluss nicht ab. Durch die Perspektive habe ich mich gut in den Protagonisten hineinversetzen können, habe mit ihm getrauert und mit ihm gehofft. Ich mochte den Schreibstil sehr und auch an der Geschichte habe ich kaum etwas auszusetzen - einzig vielleicht die nicht enden wollenden Schicksalsschläge, was mir zum Schluss doch ein wenig zu viel wurde. Trotzdem hat mir Vom Ende der Einsamkeit sehr gut gefallen und es war definitiv nicht mein letzter Roman von Benedict Wells.