Versuch einer Aussöhnung mit dem Leben

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wienerin Avatar

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„Eine schwierige Kindheit ist wie ein unsichtbarer Feind, dachte ich. Man weiß nie, wann er zuschlagen wird.“

Es sind die Erfahrungen, die unser Leben bestimmen, Erinnerungen, die einen prägen, auch wenn man sie innerlich bereits abgelegt und scheinbar vergessen hat und die somit bestimmend für unser weiteres Leben sind, für unsere Handlungen, unsre Erwartungen unser Denken und unsere Träume.

Im Zentrum dieses Entwicklungsromans steht Jules, der im Alter von elf Jahren seine Eltern durch einen Autounfall verliert und gemeinsam mit seinen beiden älteren Geschwistern aus der Geborgenheit eines Familienlebens gerissen wird und die nächsten Jahre in einem Internat verbringen muss. Dort wird er zum Außenseiter, flüchtet sich in seine Einsamkeit und seine Tagträume. Dort lernt er aber auch seine Lebensliebe, Alva, kennen.

Untergliedert in Abschnitte, die jeweils zwei bis drei Jahre umfassen, begleitet der Leser Jules durch seine Kindheit und Jugend, leidet mit ihm vor allem wegen seiner unerfüllte Liebe zu Alva mit, und freut sich mit ihm, als die beiden schließlich - nachdem sie einander mehrmals verfehlt haben - doch zusammenkommen und alles gut zu werden scheint.
Doch das ganze Buch ist durchsetzt von einer Schwermut, die es mir schwer gemacht hat, das Buch in einem Schwung zu lesen und richtig, es gibt kein gutes Ende. Als alles auf Happy End getrimmt scheint, mit der Lebensliebe vereint, Vater von zwei Kindern, Haus mit Garten, erfährt dieses Bild einen groben Kratzer, bei Alva wird Krebs diagnostiziert und da gibt es – wie auch im wahren Leben – kein Happy End.

Neben der Geschichte von Jules wird parallel auch – allerdings nur im Hintergrund quasi zur Abrundung der Geschickte - das Leben der beiden Geschwister von Jules erzählt und mit der Geschichte von Jules verwoben.

Das Buch ist voll von Formulierungen, die berühren, von kleinen Weisheiten, und befasst sich mit der Endlichkeit des Lebens und mit Art und Weise, damit fertig zu werden, zum Beispiel das Leben als Reaktion entweder gierig auszukosten oder ängstlich über sein Leben zu wachen. Behutsam wird die Beziehung zwischen Jules und Alva beschrieben, das Wachsen der Liebe, die Verzweiflung, Zitate wie „Ich war allein. Und dann traf ich Alva.“ oder „Nie den Mut gehabt, sie zu gewinnen, immer nur die Angst sie zu verlieren.“

Fazit: Ein sehr berührendes Buch, das die Versuche beschreibt, sein Leben entgegen allen Widrigkeiten zu leben und - auch wenn man manchmal am Rand entlangbalanciert - die Hoffnung nicht zu verlieren.