Jane Austen von einer neuen, sehr privaten Seite

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In Zeiten in denen Briefe die einzige Kommunikationsmöglichkeit auf Entfernung war, wurden sehr gepflegte und ausführliche Briefe geschrieben. Der epistolare Stil war nie nachlässig. In der Eile ein paar Zeilen hingeworfen, achtlos, ohne Form und Stil war undenkbar. Wäre auch mit Gänsekiel und Tintenfass nicht gegangen. Nun hat uns Penelope Hughes Hallett ein bezauberndes Buch vorgelegt. Jane Austens Briefe, aus ihrer Jungendzeit bis zu ihrem viel zu frühen Tod 1817, mit 41 Jahren, unterlegt mit zahlreichen Bildern der Zeit: die zwei Porträts die uns von Jane erhalten sind, die Häuser in denen sie gelebt hat, die Orte, die Stationen ihres Lebens waren, wie Steventon, Bath, Southampton, Chawton. Gestorben ist sie dann in Winchester, beerdigt in der Kathedrale von Winchester.
Das Buch selbst ist in Kapitel unterteilt, die ihren Aufenthalten in den oben aufgezählten Orten entsprechend. Die frühesten erhaltenen Briefe wurden in Steventon geschrieben. Sie zeugen von einer jugendlichen, charmanten, manchmal leicht (wirklich nur eine kleine Prise) boshaften Jane, wie der Brief vom 30. Januar 1801, wo sie sich über Dienstboten auslässt, die zwar untereinander Affären haben dürfen aber bloß keine Kinder!
Interessant in dieser Zeit ist auch Janes Beschäftigung mit Mode. Hauben werden immer wieder geändert um sie öfters tragen zu können, Hutschmuck der zwischen Blumen und Obst variiert, Kleider und Stoffe werden kommentiert. Das Ganze mit einer feinen Dosis Humor kombiniert, wie z:B. im Brief vom 2. Juni 1799, in dem Jane trocken erklärt, dass noch Früchte auf den Hüten fehlen würden, obwohl es sie beim Obst- und Gemüsehändler gäbe.
Die Bemerkung, dass eine Frau aus der Nachbarschaft nach einem Schrecken eine Totgeburt erlitten hat und der Schrecken darauf zurückzuführen sei, sie hätte ihren eigenen Mann angesehen, klingt brutal. Aber Totgeburten waren in jener Zeit etwas Alltägliches. Und vielleicht hat Jane mit solchen Bemerkungen selbst versucht sich abzuhärten, sollte jemand in ihrer Familie eine Totgeburt erleiden.
Später, in Bath, Southampton und Chawton werden die Briefe gelassener, freundlicher, sie zeigen eine reife Jane Austen, die ihre Familie über alles liebt, regen Anteil am Leben und Wohlergehen aller Familienmitglieder nimmt, Brüder, Schwester, Eltern, Neffen, Nichten und vor allem an Cassandra Austen, Janes ältere Schwester. Cassandra und Jane Austen haben nie geheiratet und standen sich Zeit ihres Lebens sehr nahe.
Jane Austens Briefe an Cassandra, an Ihre Brüder, Neffen und Nichten, an Freundinnen aber auch an bekannte Persönlichkeiten, wie den britischen Autor Sir Walter Scott lassen die Autorin lebendig werden vor unseren Augen. In der meisterhaften Übersetzung von Gisella M. Vorderobermeier kommen der pointierte Humor und die Herzenswärme Jane Austens wunderbar zur Geltung.
Immer wieder werden die Briefe mit Passagen aus den Werken von Jane Austen unterlegt, die beweisen, dass ihre Romane durchaus autobiografische Züge tragen aber auch Aspekte der damaligen Zeit darstellen.
Die zahlreichen Bilder (und doch – fast zu wenige) lassen das Buch noch schöner und lebendiger erscheinen. Es sind viele Damen und Herren in eleganter Kleidung abgebildet, aber auch Dienstboten und Zofen, Gärtner, Bauern, Briefträger, arme Leute. Bilder von Steventon, Ansichten von Bath und Chawton oder Cheltenham und Winchester, ein Buchladen in den ich mich auch gerne aufhalten würde, Ausstellungsräume, diverse Arten von Kutschen, Viehmärkte, Gärten und Parkanlagen, häusliche Szenen. Penelope Hughes-Hallett hat uns das Zeitalter von Jane Austen so nahe wie möglich gebracht.
Dieses Buch ist ein Muss für Jane Austen Fans aber auch für Geschichtsinteressierte der Regency-Zeit des britischen Empire.