Erst war's ein Romananfang und jetzt ist's schon eine Geschichte

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
anne Avatar

Von

Was soll man zu einem außergewöhnlichen Buch wie diesem sagen? Eine Geschichte in einer Geschichte in einer Geschichte. Tausend Anfänge und doch kein Roman? Romananfänge seien leicht zu schreiben. Das meint zumindest Boris zu der schönen Frau, die eines Tages in seiner Agentur für verworfene Ideen steht. Wenn jemandem nicht einmal ein Romananfang einfällt, dann gelingt es ihm auch nicht diesen zu beenden. Das ist bei der ganzen Schreiberei das Schwierige und deswegen ist er auch nicht Schriftsteller geworden, sondern hat eine Agentur ins Leben gerufen, die Ideen sammelt. Als jedoch die Frau droht aus dem Laden und somit auch für immer aus dem Leben von Boris zu verschwinden, liest er ihr eine von seinen verworfenen Geschichten vor. Diese scheint wiederum aus mehreren aneinandergereihten Romananfängen zusammengesetzt zu sein, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch immer wieder das gleiche Thema behandeln: Die Begegnung zweier Menschen, die sich auf ihre Art gegenseitig beeinflussen. Sei es Sebastiander Oberarzt der Intensivstation auf der Sophie liegt, die ihm von ihrer einstigen Arbeit beim „Maulwurf“ erzählt, der ihr wiederum die Geschichte von Heiner diktiert.

Es scheint als würde das Buch mehrere Kurzgeschichten beinhalten, die in einer Geschichte zusammengefasst wurden. Der abrupte Wechsel von Zeit, Ort und Personen zwischen den Kapiteln hat mich Anfangs verwirrt. Erst als ich Details entdeckte über die im Kapitel zuvor gesprochen wurden, merkte ich, dass es ein Teil des Ganzen ist und nicht eine für sich stehende Geschichte. Durch den abrupten Wechsel kam ich beim Lesen ins stocken. Trotzdem ist es eine ungwöhnliche Art, mehrere Geschichten zu vereinen. Sie unterstützt die Aussage von Boris, das er Romananfänge schreiben, aber nicht fortsetzen könnte.

Im Roman wird zeitweise Kritik an bestimmten Macken unserer Gesellschaft ausgeübt, die in ihrer Richtigkeit, mich beim Lesen zum Schmunzeln brachte. Sei es die Schnelllebigkeit, die uns anscheinend unfähig macht einfachste Dinge, wie zum Beispiel Tee und Kaffee, richtig zu genießen. Oder die Unfähigkeit uns mit dem zufrieden zu geben, was wir haben. Der Roman wurde mir dadurch sehr sympathisch, da er nicht nur Geschichten so dahinerzählt, sondern sagt, was gesagt werden muss.

Ich kann das Buch jedem empfehlen, der Bücher über das Leben mag. Es beweist das keine Geschichte mit der letzten Seite enden muss. Ein bisschen von ihr, wird in uns weitererzählt.