Fluglahme Rohrdommeln, verwunschene Räume: andere Kuriositäten

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daniliesing Avatar

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Gleich vier Geschichten verbergen sich in diesem recht schmalen Buch. Vier Geschichten, die sehr unterschiedlich sind und trotzdem einen ähnlichen Grundklang haben. Es wird über das Leben philosphiert, Vorurteile werden ausgeräumt, nie Erwartetes funktioniert plötzlich und der Leser wird mit ganz neuartigen, interessanten Betrachtungsweisen überrascht.

Alles beginnt mit Boris. Er hat eine Agentur für verworfene Ideen gegründet und versucht diese Ideen zu sammeln und wieder zu einem Ganzen zu verknüpfen. Damit erhofft er sich neue, grundlegende Aussagen zu gewinnen, die für alle eine Bedeutung haben. Die meisten Ideen kommen jedoch von Boris selbst und das Einzige, was er wirklich gar nicht annimmt, sind Romananfänge, denn davon hat er ebenfalls selbst genügend geschrieben. Durch einen Zufall betritt nun Rebecca seine Agentur, die sonst nur er selbst betritt, und es entfacht ein Gespräch, dass von bildhafter Sprache, Humor und genialen Gedanken nur so sprüht.

Boris, der in seinem ganzen Verhalten recht sonderbar, gar schräg, erscheint, ist eine liebenswerte Hauptfigur. Er ergänzt sich perfekt mit der direkten Rebecca, die sich durchsetzen kann und von ihrer Meinung vollkommen überzeugt ist. Dadurch gewinnt die Geschichte ziemlich an Schwung. Die skurrilen Gedanken Boris' und die Fäden, die die beiden daraus spinnen, gehen ein ganzes Stück über die gewöhnliche Blickweite der meisten Menschen hinaus. Dies wiederum ist ein Spiegelbild für die Beobachtungsgabe und Gedankentiefe des Autors. Sein Wortwitz und ein Fünkchen Ironie machen das Buch zu einem sprachlichen Genuss.

Wie schon erwähnt, schreibt Boris selbst Romananfänge und wirklich nur die Anfänge. Einen davon stellt er Rebecca vor. So entsteht die erste Geschichte in der Geschichte. Das Ganze soll sich noch zwei mal wiederholen und letztendlich ist in jeder der ersten drei Geschichten eine neue verborgen.

In der dritten Geschichte verliert das Buch für mich jedoch einiges an Spannung und die vierte war für mich dann endgültig eine zu viel. Die gelungene Überleitung zur zweiten Geschichte gelingt bei den anderen beiden nicht mehr so ganz, was sehr schade ist. Gerade sprachlich empfand ich das Buch doch bisher als sehr gelungen und auch die Geschichte war interessant und neuartig.

Letztendlich lösen sich alle Geschichten wieder von innen nach außen auf und man gelangt zu Rebecca und Boris zurück. Zu diesem Zeitpunkt stellte sich dann auch wieder das besondere Lesevergüngen bei mir ein.

Im Endeffekt kann man sagen, dass die Grundidee des Romanes ziemlich gut ist, aber Jakob Hein sie leider mit den vier Geschichten etwas zu weit ausreizt. Viel lieber hätte ich noch 100 Seiten mehr über Rebecca und Boris gelesen.

 

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