Auf zu neuen Ufern …

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sikal Avatar

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Edith, knapp über 70 und eine waschechte Berlinerin fährt nach einem Unfall zur Reha nach Usedom. Hier trifft sie auf die gleichaltrige Christel Jacobi, die an einer schweren Krankheit leidet und ebenfalls dort zur Kur ist. Während Edith selbstbewusst und bestimmt auftritt, klare Ansagen macht und auch einer Konfrontation nicht ausweicht, ist Christel zurückhaltend, unsicher und eher ruhig. Trotz der unterschiedlichen Charaktere und des schlechten Starts der beiden Damen, finden sie sich letztendlich auf einer gemeinsamen Reise quer durch Deutschland wieder.
Das Buch lebt zu Beginn aufgrund der spritzigen Dialoge und der sarkastischen Bemerkungen Ediths. Hier genießt man als Leser eine Leichtigkeit, liest flüssig Seite um Seite und schmunzelt bei so manchem Kontra – denn Edith ist ganz und gar nicht auf den Mund gefallen. Christel hingegen wirkt eher gefühlvoll, hängt an der Vergangenheit und trauert nach zig Jahren immer noch ihrer Ehe nach. Als das Thema Pflegeheim aufkommt, kann die beiden jedoch nichts mehr halten und sie beschließen noch einmal auszubrechen und neue Abenteuer zu erleben. Hier merkt man dann auch langsam einen Umschwung in der Geschichte, diese wird gedämpfter, nachdenklicher und gewinnt an Ernst.
Die Autorin Sarah Schmidt schafft es hier einem ernsten Thema eine ungewohnte Leichtigkeit zu geben. Sie schreibt einen Roman über Einsamkeit, Krankheiten, Älterwerden, aber auch über Freundschaft und Familie. Trotz der Probleme der beiden Protagonistinnen wird es im Verlauf der Geschichte nicht bedrückend, sondern einfach würdevoll.
Die Charaktere sind authentisch, vielschichtig und entwickeln sich im Laufe des Buches. Während sich Christel langsam öffnet und ihre Angst zu unterdrücken lernt, wird Edith empathischer - als Leser kann man auch begreifen, warum sie eine Mauer um sich baute und ihrem Grundsatz „Allein sein, heißt frei sein“ vertraut.
Das Buch hat mir trotz einiger Längen ganz gut gefallen. Besonders das Ende hat mich hier beeindruckt und wirkt noch weiter. Auf jeden Fall kann man das Buch weiterempfehlen.