Abgetaucht

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Wie groß ist der "Wortschatz" eines Delfins, wo schwimmen Haie ins Café und warum können einige von ihnen füreinander leuchten? Können Fische zählen? Was sind Phantominseln, hat James Cook bei seinen Entdeckungen etwa geschummelt ? Wie lässt sich all das herausfinden und was hat es mit uns zu tun?
In ihrem Sachbuchdebüt nimmt die Meeresbiologin Julia Schnetzer ihr Lesepublikum mit auf eine spannende Tauchfahrt quer durch die aktuelle Meeresforschung. Sie erklärt anschaulich, weshalb in toxischen Tiefseekratern vielfältiges Leben möglich ist und welche Lösungen im viralen Mikrokosmos liegen. Sie erzählt von solarbetriebenen Meeresschnecken und kiffenden Delfinen. Wir erfahren, weshalb Mars und Mond präziser kartiert sind als der Meeresboden, dessen Vermessung dank neuer Technologien mittlerweile zügig vorankommt und bereits geografisch Überraschendes auf die Monitore brachte.
Und auch wenn die enthusiastische Science-Slammerin ihr Publikum mitzureißen versteht, sie schreibt keinesfalls anekdotisch. Hier steht die Forschung mit ihren Methoden und Messverfahren im Fokus, und solide Grundkenntnisse in Biochemie und Physik sind klar von Vorteil.
Dennoch kommen auch Leser*innen auf ihre Kosten, die sich mehr für neu entdeckte Arten oder Verhaltensbiologie interessieren. Sehr sympathisch fand ich hier z.B. den Ansatz, den ohnehin schwammigen Intelligenzbegriff nicht länger am Menschen festzumachen, sondern am kognitiven Vermögen der jeweiligen Art.
Julia Schnetzer bringt ihr Publikum auf den neuesten Stand der Forschung, zeigt deren Grenzen auf und dass diese nicht zum Selbstzweck geschieht. So dienen etwa Studien zum Alter von Meerestieren nicht dazu Rekorde aufzulisten, sondern nachhaltiger Fischerei.
Mit ihrer Begeisterung für das eigene Metier schafft es die Wissenschaftlerin, uns für das größte Ökosystem unseres Planeten zu sensibilisieren und appelliert eindringlich, sich um dieses zu sorgen. Dass Kunststoffe im Wasser schädlich sind, ahnt vermutlich jeder. Doch was es genau anrichtet und was deshalb auf uns zukommt, lässt umdenken.
Das Kapitel zum verlorenen Plastik- schätzungsweise 100 000 Tonnen befinden sich augenblicklich allein in Tieren und ein Vielfaches davon ist schlicht unauffindbar - wird noch lange in mir nachwirken.
⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️

(Vielen Dank an @hanserblau und @vorablesen für das Rezensionsexemplar!)