Verbündete im Herzen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
rippchen Avatar

Von

Kristin Hannahs jüngstes Werk startet mit einem Prolog aus dem Jahr 2010, zehn Jahre nach dem eigentlichen Beginn der Geschichte. Hier wird auf ein Geschehen aus dem Jahr 2004 verwiesen, das der Leser dem Klappentext entnehmen kann: Den tragischen Unfalltod einer der beiden Hauptpersonen. Was es damit auf sich hat, wird sich im Verlauf der Handlung ergeben.
Die beginnt im Jahr 2000 mit zwei völlig unterschiedlichen und doch so gleichen 14jährigen Protagonistinnen: Auf der einen Seite steht Alexa, genannt Lexi, die sich selbst angesichts ihrer ungezähmten schwarzen Haarpracht und den schiefen Zähnen nicht gerade als Ausbund an Schönheit empfindet. Die andere Hauptakteurin ist Mia, dank auffälliger Zahnspange und nicht zu übersehender Akne mit ähnlichen individuell empfundenen Schönheitsfehlern „gestraft“. Solche Äußerlichkeiten, ein nicht gerade üppiges Selbstwertgefühl und die Leidenschaft für Bücher sind aber auch schon die einzigen Gemeinsamkeiten der beiden Mädchen, die das Schicksal in der Highschool zusammenführt. Ihr bisheriges Leben nämlich ist kaum vergleichbar:
Lexi wuchs einige Jahre als vernachlässigtes Kind in jämmerlichen Verhältnissen bei ihrer drogenabhängigen Mutter auf, bevor sie nach deren Tod in staatliche Obhut kam. Nachdem ihr in mehreren Pflegefamilien die stets so ersehnte familiäre Wärme versagt blieb, fand sie schließlich bei ihrer 66jährigen kinderlosen Großtante eine neue Heimat. Wenngleich es auch in diesem sozialen Umfeld mit materiellen Gütern nicht gerade üppig bestellt war, wog die Herzenswärme der Großtante umso mehr. Genau die richtige Basis für das bislang vom Leben enttäuschte Waisenkind, um endlich in ein neues, besseres Leben durchzustarten. Dazu gehörte auch der Besuch der Highschool in ihrem neuen Lebensumfeld.
Hier traf sie auf Mia, die mit ihrem Zwillingsbruder in dem perfekt ausgestatteten, luxuriösen Heim ihrer wohl situierten Familie aufwuchs. Gute Voraussetzungen für einen Platz auf der Sonnenseite des Lebens – scheinbar. Allerdings sorgte eine „Übermutter“ mit (übertrieben) fürsorglicher Umklammerung dafür, dass jede Eigenständigkeit der Tochter im Keim erstickt wurde und das gesellschaftliche Versagen droht. Absoluter Gegenpart dazu ist Mias Bruder Zach: gutaussehend, erfolgreich in der Schule, beliebt bei Gleichaltrigen – und entsprechend selbstbewusst.
Wie aus ihren bisherigen Bestsellern gewohnt (und geschätzt!), schildert Kristin Hannah die Anfangskonstellation des Trios in der Leseprobe wieder einmal sehr warmherzig und sensibel. Sie versteht es meisterhaft, ihren Stoff in derart liebevollen und detailreichen Beschreibungen von empfindsamem Seelenleben der Hauptakteure und deren Lebensumfeld aufzubereiten: Wenn die Autorin das einfache und doch peinlich saubere Wohnwagen-Zuhause von Lexis Großtante beschreibt, fühlen sich auch ihre Leser in diesem ärmlich anmutenden und doch so reichen Lebensumfeld geborgen.
Und wenn die ohnehin reichlich gefühlsbetonte Anfangshandlung im weiteren Verlauf an Dramatik gewinnt, dann wird wohl bei manchem Leser die emotionale Schallmauer durchbrochen…