Freud und Leid so nah beieinander...

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metalpanda Avatar

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"Wie Blüten im Wind" ist ein faszinierender Roman. Anfangs liest er sich wie eine seichte Lektüre für pubertierende Mädchen über pubertierende Mädchen: zwei Außenseiterinnen - Mia und Lexi - werden am ersten Schultag zu besten Freundinnen. Gemeinsam meistern sie den Schulalltag, feiern Partys und machen ihre ersten Erfahrungen mit Jungs. Dabei ist Lexi unsterblich in Mias Zwillingsbruder - den Schönling Zach - verliebt...
Dabei erfährt der Leser einiges über die Familien der beiden Mädchen - die Zwillinge Farraday haben eine "Bilderbuchfamilie", mit einer äußerst fürsorglichen Mutter Jude, die auch Lexi, die arme Tochter einer verstorbenen Drogensüchtigen, die über zig Pflegefamilien zu ihrer entferntet Tante gefunden hat, sofort tief in ihr Herz schließt.
Doch schon bald nimmt die Handlung Fahrt auf und nach einer Haarnadelkurve ist nichts mehr so wie früher. Die Menschen, die früher so nett waren, verändern sich - was man ihnen angesichts der eingetretenen Lebensumstände kaum verübeln kann. Doch waren die Protagonisten vor wenigen Tagen und Stunden noch Kinder, sorglose Heranwachsende, so werden sie mit einer unglaublichen Wucht in das harte Erwachsenenleben katapultiert.

Sechs Jahre nach dem tragischen Ereignis, der ein Leben gefordert und mehrere Schicksale auf eine tragische Weise umgekrempelt hat, kommen die Hauptfiguren nochmal zusammen. Ist nach all dem Leid ein Happy End überhaupt vorstellbar???

Kristin Hannah schreibt sehr herzergreifend. Die Hauptfiguren sind sehr lebendig dargestellt und man kann sich alles so richtig vorstellen - die Idylle bei den Farradays, vom gepflegten Garten bis hin zur mütterlichen Sorge am Morgen des ersten Schultags an der neuen Schule. Auch die krassen Gegensätze nach der Tragödie tragen zur Stimmung bei - z.B. der wild wuchernde Garten, den man als Sinnbild für die Psyche der trauernden Mutter nehmen kann.

Die Handlung bleibt von der ersten bis zur letzten Seite spannend. Einige kleine Durchhänger stellte für mich lediglich die Mutter von Jude Farraday dar - die einzige Person, die in meinen Augen etwas zu plump ausgearbeitet wurde, ihren Platz im Buch wohl nur deswegen bekommen hat, um eine weitere, ganz andere Mutter-Tochter-Beziehung darzustellen. Sie taucht immer wieder ohne einen konkreten "Auftrag" auf, trifft sich jeden Mittwoch mit ihrer Tochter zum Salat essen und wirkt auf der ganzen Linie ziemlich flach.

Ein weiterer kleiner Kritikpunkt gilt dem Klappentext - neugierige Leser wie ich, die als erstes den Klappentext verschlingen, wissen damit sofort, was für eine Tragödie passieren wird - das schmälert freilich die Spannung im ersten Drittel des Buches, wenn man schon weiß, dass einer konkreten Figur etwas Schlimmes zustoßen wird.

Alles in allem ist "Wie Blüten im Wind" dennoch eine sehr empfehlenswerte, berührende und herzergreifende Lektüre, die man trotz der tragikbegründeten Schwere des Stoffs schnell durch hat.