Gefühlvolle und bewegende Herz-Schmerz Geschichte

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marionhh Avatar

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Die 14jährige Lexi kommt nach jahrelangem Herumgereichtwerden und dem Tod ihrer drogensüchtigen Mutter zu ihrer Großtante Eva. Eva hat wenig Geld, aber Lexi scheint endlich angekommen. Als der erste Tag der Highschool ansteht, hat Lexi zunächst Angst davor, wieder einmal die Außenseiterin zu sein, freundet sich jedoch schnell mit Mia Farraday an, die ebenfalls eine Außenseiterin ist, jedoch einen allseits beliebten Zwillingsbruder namens Zach hat. Bald werden Mia und Lexi unzertrennlich. In der Familie Farraday wird Lexi ebenfalls herzlich aufgenommen, und mehr als einmal lädt Mias Mutter Jude die Mädchen zu Ausflügen ein.

Als Zach und Lexi ein Paar werden und nach und nach die Familie einweihen, geht noch alles seine geordneten Bahnen, die Partys und der Alkoholkonsum jedoch häufen sich. Schließlich geschieht das Unglück: Nach einer Fete haben die drei einen Unfall, bei dem Mia stirbt. Am Boden zerstört nimmt Lexi die Schuld auf sich und wandert wegen Alkohol am Steuer und fahrlässiger Tötung hinter Gittern. Zu allem Überfluss entdeckt sie auch noch, dass sie schwanger ist und entschließt sich schweren Herzens, auf ihre Tochter zu verzichten. Gleich nach der Geburt gibt sie Grace an Zach und die Farradays ab in der Hoffnung, dass Grace anders als sie eine glückliche Kindheit haben wird.

Nach ihrer Entlassung entdeckt Lexi, dass Grace bei weitem nicht das fröhliche Kind ist und die Farradays alles andere als eine harmonische und glückliche Familie. Mit Unterstützung ihres Anwalts Scot beschließt sie, um ihre Tochter zu kämpfen.

Sehr dramatisches Buch mit vielen Wendungen, sehr flüssig und gefühlvoll geschrieben. Lexi ist ein vielschichtiger und interessanter Charakter, ein Teenager, der sehr schnell erwachsen werden musste, und doch aufgrund ihrer Kindheitserlebnisse von Unsicherheit und Verlustängsten gepeinigt wird. Sie öffnet sich nur sehr schwer und bleibt immer misstrauisch, wenn etwas Schönes passiert. Immer hat sie das Gefühl, sie verdient es nicht glücklich zu sein. Durch ihre Zeit im Gefängnis wird sie natürlich geprägt, sie wird härter und reifer und sieht die Dinge anders als früher. Aber sie ist stark, sie emanzipiert sich und zum ersten Mal im Leben, als sie um ihre Tochter kämpft, tut sie etwas für sich und nicht für die Farradays. Trotzdem ist es ihre charakteristischste Eigenschaft – wie Jude richtig bemerkt – „das zu tun, was von anderen für richtig gehalten wird“, sie steckt lieber selber zurück als anderen Menschen weh zu tun und tut alles, um sie glücklich zu machen. Daher entspricht es voll und ganz ihrer Persönlichkeit, schließlich auf das Liebste verzichten zu wollen, ihre Liebe zu ihrer Tochter und zu Zach, weil sie glaubt, dass diese ohne sie besser dran sind.

Überhaupt gelingen der Autorin durchweg sehr schöne Beschreibungen der Charaktere, bis in die „Nebenrollen“ bekommt der Leser einen intimen Einblick in die Gefühlswelt der Protagonisten und lebt so mit ihnen mit. Ich hätte mir gewünscht, dass noch mehr aus Lexis Sicht erzählt wird, finde es aber gut, dass uns seitenweise Beschreibungen des Gefängnislebens erspart bleiben. Umso ausführlicher wird Judes Trauer beschrieben (vielleicht konnte sich die Autorin in sie am besten hineinversetzen?), in mehrfachen Wiederholungen erleben wir Judes Zusammenbrüche, Depressionen, Therapiesitzungen, Anklagen und ihr Selbstmitleid. Ich muss leider gestehen, dass mir Jude von allen am meisten auf die Nerven ging. Nicht nur ist sie eine Übermutter, die ihre Kinder nicht einfach nur behütet, sondern sie geradezu kontrolliert. Nur sie weiß, was gut für sie ist, und alle anderen haben unrecht. Sie gesteht auch nur sich selbst die größte Trauer um Mia zu und verurteilt Lexi ohne Wenn und Aber. Selbstreflexion ist ihr fremd. Die Umkehr kommt in meinen Augen mit dem Wiederauftauchen von Lexi, das alte Wunden und die Trauer verstärkt wieder aufreißt. Mehrere Leute sagen Jude einige unangenehme Wahrheiten über ihr Verhalten, aber ironischerweise wird erst mit dem allwöchentlichen Pflichtbesuch bei ihrer Mutter (mit der sie auch einiges aufzuarbeiten hat) der Schalter umgelegt, und sie lässt die Erinnerung an Mia zu und auch ihre Liebe zu ihrer Enkelin und kann endlich ihre Trauer verarbeiten.

Die positivsten Überraschungen waren für mich Tante Eva, die als einzige uneingeschränkt zu Lexi hält, sie auch im Gefängnis besucht und ihr bei ihrer Entlassung ein Heim und einen Job anbieten kann, Miles, Mias Vater, der die Sache als das sieht, was sie ist: ein tragischer Unfall. Und natürlich Scot, Lexis Anwalt, der Lexi uneingeschränkt unterstützt, obwohl sie kein Geld hat und seine Ratschläge nicht immer annimmt. Sie alle erkennen Lexis wahren Charakter: ein durch ihre schwere Kindheit und unzuverlässige Mutter geprägtes junges Mädchen auf der Suche nach Liebe und Glück, das für die Menschen, die sie liebt, alles tun würde.

Fazit: Ein bewegender Roman über eine große Liebe, die eine unmenschliche Tragödie fast auseinanderreißt. Es geht jedoch nicht nur um die Liebe zwischen Lexi und Zach, sondern viel mehr um Mutterliebe, die alles überwindet. Lexi ist eine Figur, die einem schnell ans Herz wächst und die man nur schwer loslassen kann. Ein Buch für stille Stunden (Taschentücher bereithalten!) und für Fans des gefühlvollen Erzählens wie z.B. Marc Levy, Cecilia Ahern und Nicholas Sparks ein Muss!