Kindgerechte Trauerliteratur

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
missgowest Avatar

Von

„Glauben ist manchmal Mutigstes von allem.“ (S. 51) Lilys Großmutter bestärkt Lily daran, an sich zu glauben und an die Dinge, die nur sie wahrnehmen kann. Denn als Lily, die ihren Vater bei einem Autounfall im Alter von 4 Jahren verloren hat, zusammen mit ihrer Mutter und Schwester Sam zu ihrer koreanischen Halmoni ins kalifornische Sunbeam zieht, sieht sie auf der Straße einen Tiger liegen. Ein Tiger, wie er in Halmonis Märchen vorkommt. Doch nur Lily kann ihn sehen – weder ihre Mutter noch Sam nehmen ihn wahr.

Als Lily schließlich mit dem Tiger spricht, stellt sie überrascht fest, dass es sich um eine Tigerin handelt, die ihr sagt, dass ihre Halmoni Sterne gestohlen hat, die Geschichten waren, und diese in Gläser gesteckt hat. Lily soll der Tigerin helfen, die Geschichten zu finden, um so ihrer Halmoni zu helfen. Aber – kann man Tigern trauen?

Eines vorweg – „Wie man einen Tiger fängt“ ist keine leichte Kost. Das Buch ist ab 11 Jahren empfohlen, und ich würde dem zustimmen. In fast poetischer Art und Weise schafft es die Autorin, sich so sensiblen Themen wie Krankheit, Demenz, Verdrängung, Selbstwertgefühl, aber vor allem Tod und Trauer zu nähern – und das auf eine kindgerechte Art und Weise. „Die Traurigkeit verblasst, ja. Irgendwann. Aber das einem jemand fehlt … Ich weiß nicht, ob das je besser wird.“ (S. 263)

Mir ging das Buch sehr nahe; die Geschichte hatte aufgrund meiner Erlebnisse eine kathartische Wirkung auf mich. So dürfte es vielen gehen, die wichtige Menschen in ihrem Leben verloren haben. Ich würde das Buch auch Eltern empfehlen, die ihr Kind auf einen möglichen Todesfall vorbereiten wollen. Denn bei aller Traurigkeit bleibt der Fokus auf dem Positiven: „Und in mir öffnet sich etwas, ein Loch, das zuvor nicht da war. Eine Leere und ein Verlust, aber auch … Raum. Ein offenes Glas, eine Befreiung.“ (S. 256) Von mir gibt es verdiente und tigerstarke 5 von 5 Sternen.