Liebenswert britisch

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Natasha Solomons „Wie Mr. Rosenblum in England sein Glück fand“ ist eine auf 382 Seiten liebens- und lesenswert erzählte Geschichte von Jack und Sarah Rosenblum, die mit ihrer kleinen Tochter 1937 aus Berlin nach England geflüchtet sind. Jacks Ziel ist es, als deutscher Jude unsichtbar zu sein und der perfekte englische Gentleman zu werden. Für seine Frau Sarah dagegen gibt es lediglich ein _Davor_ und ein _Danach_. Sie ließ ihre Eltern und kleinen Bruder in Deutschland und damit dem für viele Juden Unvermeidlichen zurück. Sie hält es für ihr Schicksal, ihre Trauer auszuleben und kann ihren Mann nicht verstehen, der der ewige Optimist mit hochgreifenden Zielen und Plänen zu sein scheint. Aus dem Nichts hat Jack eine erfolgreiche Teppichfabrik in London aus dem Boden gestampft, die Familie hat die Kriegsjahre gut überstanden, wohnt in einem Haus mitten in London, die Tochter ist im Begriff in Cambridge zu studieren. Alles läuft gut und nach Plan. Wenn da nicht noch ein Punkt auf Jacks Liste wäre, der ihn in seinen Augen zu einem richtigen Engländer machen würde: Mitglied in einem Golfclub zu sein. Zahlreiche Bewerbungen scheitern. Niemand will ihn aufnehmen.

Ein „Zwischenspiel“ im Gefängnis oder besser gesagt, seine Entlassung aus eben diesem, führt Jack nach Dorset. Dort ist die Luft reiner, die Natur natürlicher, der Blick weiter. Als er, zurück in seinem Haus in London, eine Immobilienanzeige in der Zeitung sieht, greift er zu. Ohne das Wissen seiner Frau, verkauft er ihr gemeinsames Haus in London und kauft ein Neues in Dorset. Mit einem „Sahnehäubchen“: ausreichend Grundstücksfläche für einen eigenen Golfplatz! Dass sein letzter Punkt auf seiner Liste nicht ohne kleinere und größere Hindernisse abgehakt werden kann, darf erwähnt werden, ohne dass man etwas verrät. Der Buchtitel lässt ja bereits vermuten, dass Jack seinen eigenen Golfplatz eines schönen Tages verwirklichen wird.

Natasha Solomons Geschichte ist kurzweilig, liebenswert, überraschend, fantasievoll und auch mit ein klein wenig Mystik gespickt. Liebenswert sind die Charaktere Jack und Sarah sowie insbesondere zwei Dorfbewohner, die eine raue Schale, aber einen weichen Kern haben. Überraschend sind manche Redewendungen und vor allem Ausdrücke, die man vielleicht nicht in einem Buch, das in den 40ern/50ern spielt, vermuten würde. Fantasievoll sind die Ideen Jacks, seinen Traum zu erfüllen, Sarahs Familienrezepte für jeden Anlass und mystisch kommt vor allem das legendäre Wollschwein daher.

Mein Fazit für Wie _Mr. Rosenblum in England sein Glück fand_ ist vor allem, dass es eins der Bücher ist, das einen mit einem warmen Gefühl zurücklässt. Zur Zeit gibt es viele Geschichten, die Schicksale von Familien und Einzelpersonen während des zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit handeln. Egal welcher Nationalität oder Religion. Aber Natasha Solomons Geschichte ist doch irgendwie anders. Persönlich und auch wieder nicht. Der Krieg tritt in den Hintergrund, wichtiger ist der Weg zum Ziel. Die harte Arbeit, die selbst die härtesten Kerle im Dorf beeindruckt, eine Männerfreundschaft, der Glaube an Unmögliches. Der Mut, seinen Traum zu leben und bereit zu sein, hart hierfür zu arbeiten und nicht aufzugeben, auch wenn dies manches Mal verlockend erscheint.