Familie kann man sich nicht aussuchen…

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poutschie Avatar

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Als Anna von Betteray an den Niederrhein zurückkehrt, um dort als Pastorin zu arbeiten, wird sie mit zweierlei konfrontiert:
Zum einen ist da die Dorfgemeinschaft, für die Anna im ersten Moment alles verkörpert, was unpassend ist. Sie ist jung, eine Frau, geschieden und familiär mit dem niederrheinischen katholischen Adel verwoben. Die überbordende Neugier der Dorfältesten Frauen an Annas Privatleben tut ihr Übriges dazu. Schnell merkt Anna jedoch, dass sich hinter Tratsch und Neugier auch echtes Mitgefühl und Freundschaften verbergen und als sie sich mit einer familiären Krise konfrontiert sieht, ist es ausgerechnet diese Gemeinschaft, die ihr tatkräftig zur Seite steht.

Zum anderen ist da Annas Familie: katholischer Landadel, für den mehr zählt, was sich „in unseren Kreisen gehört“ als eigene Träume und (Lebens-) Wünsche zu erfüllen. Besonders wird dies anhand Annas älterer Schwester Maria gewahr, bei welcher Anna feststellen muss, dass die Kluft zwischen öffentlich-perfektem Leben und bitterer Wahrheit hinter verschlossenen Türen ziemlich groß ist. Dennoch ist es auch genau diese Familie, die bedingungslos zueinanderhält als sich eines Tages eine Krise anbahnt. Und inmitten all dessen, steht Anna….

Was sich zunächst vielleicht als zwei unabhängige Geschichten anhört, verbindet das Buch höchst amüsant zu einem wirklich lesenswerten und kurzweiligen Roman. Anne Gesthuysen vermischt niederrheinischen Lokalkolorit mit einer Geschichte über Familie(n) und wie jede einzelne zwischen öffentlichem Bild und privater Wirklichkeit funktioniert.
Erzählt wird aus der Sicht Annas, abgewechselt von Episoden aus der Vergangenheit, welche aus Marias Perspektive beschrieben werden. Dieser Perspektivwechsel bringt das ein oder andere Missverständnis zu Tage, welches zwischen den Schwestern steht, über welches sie jahrelang aber nie gesprochen haben.

Einen Stern Abzug erhält das Buch von mir, da ich den Schluss sehr übereilt finde. Nachdem sich auf über 400 Seiten eine wirklich tolle Dynamik aufgebaut hat, hört das Buch doch sehr abrupt auf, so als ob der Autorin auf den letzten Metern die Lust oder die Seiten ausgegangen wären.