auch für Nicht-Romantiker lesenswert

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Die Geschichte ist kurz erzählt: Die junge Stoffverkäuferin Irma aus einfachen Verhältnissen und der jüdische Arzt Erich – beide leben in Berlin – lernen sich Ende der 20er Jahre kennen und verlieben sich ineinander. Zwar spielt die unterschiedliche soziale Herkunft immer eine Rolle, aber im toleranten Berlin ist das dann unproblematisch. Alles ändert sich, als die Nazis an die Macht kommen. Anstatt das Land zu verlassen, möchte vor allem Erich nicht wahrhaben, was um ihn herum politisch geschieht. Immer mehr beginnt das Paar im privaten und beruflichen Bereich unter der gesellschaftlichen Spaltung durch die Nazis zu leiden. Aber sie haben immer noch einander. Als sie schließlich versuchen, den Bund der Ehe zu schließen, scheitert das an den immer restriktiver werdenden Rassegesetzen der Nazis. Es gelingt ihnen auch nicht mehr auszuwandern, Erich wird zuvor deportiert und stirbt schließlich in einem KZ. Als Irma das nach dem Krieg erfährt, ist für sie klar: Sie darf nichts unversucht lassen, den geliebten Mann doch noch zu heiraten.
Dass ihr Vorhaben gelingt, erfährt man bereits im ersten Kapitel. Die Geschichte beginnt nämlich in den 50er Jahren mit der Eheschließung zwischen Irma und Erich. Erich ist da allerdings schon tot. An der Stelle war ich kurz davor, den Roman wegzulegen. Das schien mir etwas zu abgedreht. Aber ich bin froh, dass ich mich dann doch darauf eingelassen habe, denn der Roman ist gut geschrieben, aufgrund der Zeitsprünge spannend und die Protagonisten sind gut gezeichnet.
Für Romantiker ist dieser Roman ein absolutes Muss: Ein Eheversprechen, an das sich die Braut weit über den Tod des Geliebten hinaus gebunden fühlt. Eine Braut, die ein entbehrungsreiches Leben auf sich nimmt, um alles daran zu setzen, dieses Eheversprechen einzulösen.
Als eher nüchterner Mensch habe ich erst einmal den Kopf geschüttelt und mich gewundert, wie viel Bedeutung einem solchen Eheversprechen beigemessen werden kann. Aber man muss das aus der Zeit heraus betrachten und das ist gut gelungen. Überhaupt ist das Zeitkolorit eine Stärke des Romans. Man kann sich als Leser/in kann sich gut in die 30er Jahre hineindenken und beginnt man irgendwann an der Ausweglosigkeit dieser Liebesgeschichte zwischen der jungen Stoffverkäuferin und dem jüdischen Arzt im Nationalsozialismus zu verzweifeln. Wie viel Leid zwei Menschen angetan werden kann, die nur eins wollen: zusammen sein – das ist mehr als erschreckend.
Auch wenn ich mir manchmal etwas mehr Vielschichtigkeit und Differenziertheit gewünscht hätte – die Nazis sind alle böse und die Nicht-Nazis alle gut – zeichnet der Roman gelungen die erst schleichenden, dann zunehmend aggressiver werdenden Repressionen gegen Juden.

Bereits vorne wird darauf hingewiesen, dass der Roman auf einer wahren Begebenheit basiert. Was das heißt wird am Ende erklärt. Dort erfährt die/der Leser/in, wie die Autorin an den Stoff gekommen ist, nämlich durch einen alten Koffer mit Dokumenten, der ihr überlassen wurde. Zu wissen, dass die Geschichte dahinter „echt“ ist, gibt dem ganzen zusätzliche Brisanz.
Dass allerdings im Anschluss daran noch einige Informationen über jüdische Musiker dort zu finden sind, ist befremdlich. Schließlich taucht als einziger Musiker im Roman in einem Nebenstrang der populäre Opernsänger Richard Tauber auf, der dieses Lied seit Ende der 20er Jahre gesungen hat. Der Titel des Liedes steht zwar Pate für den Titel des Buches, weil beide Protagonisten den Sänger verehren. Wer das Lied komponiert hat, wer sonst noch damit zu tun hatte und was aus ihnen geworden ist, mag Fans dieses Musikgenres begeistern, meiner Meinung nach ist das zu viel.
Insgesamt ein sehr lesenswerter Roman, dem auch Nicht-Romantiker sicher etwas abgewinnen können.