Pure Negativität

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lightdancer Avatar

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Die erste Überschrift bei den Leseeindrücken, die ich zu Gesicht bekam (und ich lese prinzipell nie die Eindrücke anderer Leser bevor ich die Leseprobe gelesen habe oder ich selbst meinen Eindruck schreibe, aber diese sprang mich einfach an!), lautete "Erschütternde Ehrlichkeit". Mag sein, dass der Autor wirklich ehrlich ist, aber mir gefällt seine Art über ein solches Thema zu schreiben nicht besonders. Ich hatte selbst eine schwerst behinderte Tochter, die nicht einmal ihr 14. Lebensjahr erreichte. Ich kenne also den Weg einer Mutter, die mit einem solchen Schicksal geschlagen ist. Fourniers Art über seine Söhne zu schreiben, weckt in mir aber nur das Verlangen ihn kräftig durchzuschütteln.
Er beklagt sich, wie schlecht er es nicht getroffen hätte und das gleich zweimal - okay, dieser Punkt geht klar an ihn, ich hatte halt nur ein behindertes Kind -, dass er aber ein ungeheures Glück damit hat, dass seine Kinder sich wenigstens ein bißchen verständigen oder sich sogar fortbewegen können, sieht er dabei aber nicht. Er hätte es auch schlechter treffen können, denn meine Tochter konnte sich weder verständigen, noch irgendetwas selbst machen, ja noch nicht einmal ordentlich spielen, denn sie behielt bis zu ihrem Tod den Stand eines etwas sechs Monate alten Babys. Ich habe mich nie beklagt, auch wenn ich manchmal in Selbstmitleid verfiel, und dennoch verdanke ich meiner geliebten Tochter so viel. Bei diesem Autor kriegt man aber einfach nur das Gefühl, dass er seine Kinder umbringen möchte und sich selbst vielleicht gleich mit dazu. Ehrlichkeit mag dies durchaus sein, aber ich bin der Meinung, dass man so eine Geschichte durchaus anders erzählen kann (von den kurzen Einblicken auf 1-2 Seiten ganz zu schweigen).

Anstatt Selbstmitleid und Selbstzerfleischung zu lesen hätte mich viel mehr interessiert, wie man ein Leben mit zwei behinderten Kindern meistert. Ich war alleinerziehend, mußte arbeiten gehen und konnte aus diesem Grund mein Kind nicht bei mir behalten, weil sie durch ihren Behinderungsgrad nicht einmal in Integrationskindergärten genommen wurde. Zwangsläufig gab ich sie in eine Pflegeeinrichtung, holte sie aber zur jeder Gelegenheit nach Hause und verbrachte so viel Zeit wie möglich mit ihr. Founier dürfte vermutlich Erfahrungen gemacht haben, die Eltern mit "normalen" Kindern auch erleben, wie z. B. das erste Wort oder ein "Mama" oder "Papa", Krabbelversuche und ähnliches. Solche Momente gab es mit meiner Tochter nie. Doch diese Leseprobe zeigt nichts davon, von diesen glücklichen Augenblicken, von guten Situationen, von strahlend hellen Momenten, sondern zeigt einfach nur Negativität. Davon muß ich wirklich nicht lesen...