Wo fahren wir hin, Papa?

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ladyviola Avatar

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Diese Worte gehören zu den wenigen, welche Jean-Louis Fourniers Sohn Thomas sprechen kann. Eine Antwort scheint er gar nicht zu erwarten und folgt sie doch, wiederholt er stets nur die soeben gestellte Frage. Thomas ist, ebenso wie sein Bruder Mathieu zu 80 Prozent behindert. Die beiden Kinder leben in einer eigenen Welt, scheinen niemals älter zu werden und verändern sich lediglich körperlich. Sie sind nicht wie „Die Anderen“, sie tun nicht dieselben Dinge wie „Die Anderen“ und dies ist für den Vater nie einfach gewesen. Im vorliegenden Werk sammeln sich Ausschnitte aus Fourniers Gedankenwelt. Es sind Textfragmente, welche Auskunft über das Innenleben des Vaters geben. Er formuliert Wünsche, trauert, gibt Augenblicke aus dem Leben der Familie wieder und schreibt, was ihn Tag für Tag bewegt.

Eine Bewertung des vorliegenden Buches erscheint mir beinahe unmöglich, denn schließlich behandelt der Inhalt ein reales Schicksal und aufgrund der tragischen Entwicklung möchte man nicht über den Autoren urteilen, welcher lediglich seine Gedanken zu Papier gebracht hat. Doch gerade diese Schilderungen seines Innersten sind etwas, was ich nicht ganz gutheißen kann. Ich finde es mutig, auf welche Weise Jean-Louis-Fournier Auszüge seines Lebens und seiner Empfindungen präsentiert, doch trotz oder gerade wegen seiner Offenheit entstand in mir während des Lesens zeitweilen eine Abneigung gegen den Vater und seine Art und Weise, über die eigenen, behinderten Kinder zu schreiben. Ich denke, kein Mensch, der sich nicht in einer vergleichbaren Situation befindet kann die Trauer des Autors nachvollziehen und eben deshalb halte ich mich mit meiner Meinung ein wenig zurück. Ich muss zugeben, dass ich kaum Ahnung davon habe, wie schwierig der Tagesablauf mit zwei schwerbehinderten Kindern sein muss, denn jegliche Vorstellung davon kommt nicht ansatzweise an die Realität heran. Auch kann ich nur geringfügig begreifen, wie betroffen der Vater Tag für Tag über den „Zustand“ seiner Söhne ist. Er hatte so viele Pläne mit seinen Kindern und kann keinen dieser Träume umsetzen, da die beiden Jungs kaum etwas von ihrer Umwelt mitbekommen. So empfinde ich die Verbitterung von Fournier nur verständlich und allzu menschlich und wage mich nicht, ihm Vorwürfe zu machen.

Doch als Massentauglich kann ich die gesammelten Texte nicht einstufen.