Arroganter Jammerlappen

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sillesoeren Avatar

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Jean-Louis Fournier schieb ein Buch über seine beiden behinderten Söhne Mathieu und Thomas. Mathieu starb vor längerer Zeit, Thomas als 30-jähriger. Sein Tod hat wohl auch den Wunsch Founiers ausgelöst, dieses Buch zu schreiben. Sicherlich möchte er damit seine Seele entlasten, denn was er schreibt, erzeugt in mir das Bild eines arroganten Jammerlappens, der in seiner Egozentrik und seinem Egoismus für mich kaum zu ertragen ist. Die Kinder passen nicht in sein Wunschbild. Und obwohl er zweimal schon mit dieser schlimmen Diagnose konfrontiert wurde, geht er das Risiko einer Wiederholung ein und zeugt ein drittes Kind.

Liebe Frau Fournier, ich bin für Sie und Ihre Tochter - und nur für Sie beiden, nicht für Ihren Mann - so froh, dass Ihre Tochter nicht das Schicksal Ihrer Töchter erleiden muss. Wie halten Sie es mit so einem gefühlskalten Eisklumpen von Mann schon seit so vielen Jahren aus? Warum konnte er die Jungen nicht so akzeptieren, wie sie sind, auch wenn sie nie einen Beruf erlernen konnten. Kommt es darauf an im Leben? Zählen nicht Lebensfreude und Liebe viel mehr als Karriere und "Normalität"? Was ist normal? Wie einfalls- und lieblos muss ein Vater sein, der jedes Jahr zu Weihnachten Bauklötze und Autos zu schenken? Auch für dieses geistige Alter gibt es wundervolle Geschenke!

Allein für den Mut, ein solches Thema zur Sprache zu bringen, zolle ich dem Autor Hochachtung. Auch kann ich gut mit ihm mitfühlen, gleich 2 x mit der Diagnose "Behinderung" konfroniert zu werden, muss ganz ganz schlimm sein.

Dennoch kann ich nicht mehr als einen Stern vergeben: Der Schreibstil ist mir zu abgehackt, Sätze und Absätze zu kurz geraten, die Inhalte zu weinerlich. "Schon gut, ich höre auf zu jammern." schreibt Fournier schon auf einer der ersten Seiten. Hätte er es doch bloß getan! Ja, es ist schlimm! Aber dann darf der Autor es nicht als humorvolles Buch ankündigen. Ich kann nicht viel Humor erkennen, das sind Ironie, Sarkasmus und allenfalls Galgenhumor. Komisch kann ich daran nichts finden. Ich stoße mich an an dem Wort "anormal" und an der Sprunghaftigkeit der Erzählung, komme nicht so richtig rein. Wie sehen der ich-Erzähler und seine Frau aus? Wie wohnen sie? Was sind/waren sie von Beruf? Wie alt sind die Jungs in welchem Kapitel? Wegen seiner distanzierten Erzählweise hält er auch mich als Leser auf Distanz. Schade, das Thema selbst hätte mich interessiert. Und noch eine Frage stelle ich mir: Wie kommt es zu den Widersprüchen? Einige sind mir aufgefallen, z.B. habe ich in Erinnerung, dass er an einer Stelle jammert, die Jungs können nicht malen; an anderer Stelle malt Thomas viel!

Wie gut, dass ich nur eine gute Stunde brauchte, um dieses Buch zu lesen. Weiter empfehlen kann ich es niemandem.