Ein echter Bericht über das Leben mit behinderten Kindern

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daniliesing Avatar

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Bei einer Schwangerschaft denken sicher die wenigsten Eltern daran, dass das eigene Kind auch behindert zur Welt kommen könnte. Soetwas passiert schließlich immer nur den anderen. Doch genau diese "anderen" dachten vermutlich einmal ganz ähnlich.

Das ist es auch, was Jean-Louis Fournier, dem Autor von "Wo fahren wir hin, Papa?", passiert ist. Nur "traf" es ihn und seine Frau gleich zwei mal. Ihre ersten beiden Söhne sowohl geistig als auch körperlich behindert.

In seinem Buch beschreibt er den Schock darüber, dass die eigenen Kinder nicht gesund sind und niemals ein selbstständiges Leben führen werden. Dies tut er mit einem wirklich bösen schwarzen Humor. Er öffnet damit dem Leser die Augen, denn häufig verhält sich jeder von uns - oft auch unbewusst - unangebracht gegenüber behinderten Mitmenschen.

Jean-Louis Fournier nimmt sich und seine ganze Familie auf die Schippe, und gerade seine extreme Ehrlichkeit hat mich so überzeugt. Er nimmt kein Blatt vor den Mund, spricht aus, was andere kaum zu denken wagen, und doch merkt man, dass er seine Kinder über alles liebt. Vermutlich ist es genau sein Humor, der ihn über die Traurigkeit darüber, dass seine zwei Söhne krank sind und einer sogar ziemlich früh verstirbt, hinwegträgt.

Wie soll man es ertragen, dass die eigenen Söhne niemals werden lesen können, niemals zur Schule gehen werden, niemals selbstständig werden leben können...? Sich jetzt aber im Selbstmitleid zu vergraben und seine kompletten Gedanken auf die Krankheit der Kinder zu konzentrieren, das kann einen Menschen auf Dauer nur kaputt machen.

So ist Fourniers Prinzip, alles mit Humor zu nehmen und sei er auch noch so rabenschwarz, eine gute Möglichkeit - zumindest für ihn.

Mathieu und Thomas, Jean-Louis Fourniers Söhne, können stolz auf ihren starken Vater, aber auch auf sich selbst sein. Trotz ihrer Behinderung geben sie ihren Eltern so viel Liebe, dass sie all die Schwierigkeiten in ihrem Leben mehr als nur aufwiegt. Und obwohl die Wortwahl des Autors zunächst schockiert, merkt man zunehmend, wie viel Liebe aus seinen Worten spricht.

Durch die extrem kurzen Kapitel, wird der ganz besondere Sog der Geschichte noch verstärkt. Außerdem trifft der Wortwitz den Leser wirklich tief - manchmal unerbittlich tief. Oft ist es nämlich so, dass man liest, weiterliest, ein paar Sekunden überlegt und plötzlich erreicht der Witz das Gehirn mit voller Wucht. Er muss sich nur erst entwickeln.

"Wo fahren wir hin, Papa?" ist ein herrlich ironisches Buch voll Wortgewalt.

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