Ein Erfahrungsbericht?

Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
mel.e Avatar

Von

Heute möchte ich euch ein Buch vorstellen, welches mich sehr bewegt hat, allerdings in komplett anderer Form, denn ich war von dem was ich gelesen habe eher abgestoßen, aber vielleicht muss man als Vater, der mit 2 behinderten Kindern gestraft ist so denken und alles mit Humor nehmen um zu überleben? Erwartet habe ich etwas völlig anderes und bin darüber tatsächlich enttäuscht, denn ich bekam etwas geboten mit dem ich nie im Leben gerechnet habe und ich war wirklich fassungslos. 

 

In meinen Schwangerschaften habe ich jedes Mal große Angst gehabt, daß mein Kind behindert sein wird und ich denke keine werdende Mutter hat da eine rosarote Brille auf . Vor jedem Ultraschall war ich schrecklich aufgeregt und angespannt, bis meine Ärztin mir sagt, es ist alles in Ordnung. Heute lassen viele Frauen jede Menge Tests über sich ergehen um einige Behinderungen wie offener Rücken, Trisomie 18 (Edwards Syndrom) oder auch Trisomie 21 (Down - Syndrom) auszuschließen. Da für mcih eine Abtreibung nicht in Frage gekommen wäre habe ich also alles verweigert, aber die Ängste waren dennoch da und ich bin sehr dankbar für meine gesunden Kinder. Vielleicht sollte ich sagen meine mittlerweile gesunden Kinder? Unsere Mittlere war als Kleinkind bis zur Schulzeit auch als behindert eingestuft und ich bin sehr dankbar, daß dem heute nicht mehr so ist, aber es war viel Arbeit unsererseits und viele Therapiestunden bei Logopäden, Ergotherapeuten und Co nötig um aus dem Mädchen das zu machen, was sie heute ist. Mit Humor konnte ich es damals nicht sehen, sondern ich werde immer Tränen in den Augen haben, wenn ich an die Zeit denke, die gerade für mich als Mutter sehr schwer waren und ich spreche hier nur von einer Wahrnehmungsstörung, einer Sprachbehinderung und dem Asperger Syndrom, nicht von einer körperlichen und geistigen Behinderung wie bei Matthieu und Thomas in dem Buch. 

 

Als Vater und auch als Mutter hat man Träume und wenn diese zerstört werden wie in dieser Familie gleich im Doppelpack, würde ich dann auch sarkastisch werden? Ist das alles nur mit schwarzem Humor zu ertragen? Ich möchte da nicht urteilen, sondern euch nur einen Einblick darüber geben, wie das Buch auf mich gewirkt hat. Jemand anderes kann es völlig anders sehen, daher respektiert bitte meine eigene Meinung dazu. Ich habe schon als Kind geweint, wenn sich andere Kinder über Kinder mit einem Handicap lustig gemacht haben und das ist auch heute noch so. Meine Geschwister arbeiten beide im Behindertenbereich und wenn sie sich dann treffen, einige Zeit haben sie im selben Heim gearbeitet und kennen daher die Bewohner. Was soll ich sagen? Wenn sie anfangen wie sie zu sprechen, dann werde ich richtig sauer und es hilft auch nichts, wenn die beiden mir sagen, nur so kann man es ertragen, wenn man es mit Humor nimmt und es sich nicht zu sehr zu Herzen nimmt. Stimmt das? Ist es nur so zu ertragen? 

 

Ich war 10 Jahre alt als ich das erste Mal richtig Kontakt mit einem behinderten Kind bekam und zwar als meine Eltern zu einem Seminar mussten und ich mit musste. Habe ich erwähnt, daß mein kleiner Bruder in der Kindheit die selben Krankheitssymptome aufwies wie meine Tochter? Nun ja, egal, auf jeden Fall wurden meine Eltern geschult und ich saß dort mit einigen Betreuerinnen und hatte irgendwann ein Kind auf dem Schoss, was außer sabbern und lallen nichts konnte. Andere Kinder hätte diese Situation vielleicht abgestoßen, mich nicht. Für mich stand fest, ich werde später mit behinderten Menschen arbeiten. Leider ist alles anders gekommen und heute habe ich Angst eine neue Ausbildung anzufangen, denn ich weiß um die Arbeit die es machen würde und den Stress zu Hause mit meinen 3 Kindern und daher wird es vorläufig ein Traum bleiben. Dieses Erlebnis hat sich tief in meinem Herzen eingebrannt und ich kann mich immer noch an die unterschiedlichen Gefühle erinnern, die ich für dieses Mädchen empfand, aber auch wenn ich da grabe, werdet ihr nichts finden, was nach Mitleid aussieht oder nach Humor, sondern nach einem warmen Gefühl der Liebe. Ich habe Liebe empfunden für ein Mädchen, was ich bis dahin nicht kannte, aber sie hat mich nachdem ich ihr mehrfach den Mund abgewischt habe angelächelt, zumindest habe ich es so gesehen und das hat mich geprägt! 

 

Warum masse ich mir an über ein Buch zu schreiben, welches in dieser Form wahrscheinlich noch nie erschienen ist? Warum soviel bla, bla ohne auf das Buch einzugehen? Was masse ich mir an über Behinderungen zu schreiben, ohne selbst ein behindertes Kind zu haben? Ganz einfach, denn ich kenne die Ängste, auch wenn bei unserer Mittleren sich vieles verwachsen hat, war sie doch eine ganze Weile anders und Außenseiter. Ich hatte große Angst vor der Zukunft und hatte große Angst zu versagen und auch wenn man meinem Kind ihre "Behinderung" nicht ansah war sie anders und wurde auch von ihren Mitmenschen anders behandelt. Sei es im Kindergarten oder auch innerhalb unserer Familien oder unseres Freundeskreises. Auch wir als Eltern haben sie anders behandelt! War es ein Fehler oder war es gut für ihre weitere Entwicklung? Haben diese ganzen Chromosomen Tests im Krankenhaus und überhaupt alles Aufschluß darüber gebracht, warum das Kind war wie sie war? 

 

 

 

VERZEIHUNG! Ich bin wie immer abgeschweift! Nun werde ich aber wirklich und tatsächlich direkt auf das Buch eingehen!

 

Wieso habe ich es mir überhaupt gekauft? 

Nun ja, es hat mich einfach angesprochen durch den Klappentext und ich hatte tatsächlich einen Erfahrungsbericht erwartet über den Alltag mit 2 behinderten Kindern. Ich wollte keine Schaulustige werden, sondern mitfühlen und Anteil nehmen an dem Schicksal dieser Familie. 

Ich habe im Nachhinein einige Rezessionen zu diesem Buch gelesen und werde dies wohl auch in Zukunft tun, bevor ich ein Buch kaufe, denn auf Amazon sind diese unterschiedlich wie Tag und Nacht. Die einen sind begeistert und die anderen eher schockiert. Ich kann ein Stück weit mitfühlen mit dem Autor, aber nur ein Stück weit, denn Sarkasmus und schwarzer Humor ist noch nie etwas für mich gewesen und ich kann da auch nicht Lachen, tut mir leid! Daher ist dieses Buch einfach nichts für mich, denn es regt mich eher auf, als das es mich im Entferntesten begeistern könnte. Natürlich ist das Leben hart und wirklich grausam, wenn man gleich zweimal die Diagnose "Behindert" bekommt. Wenn sich alle Träume zerschlagen und Thomas und Matthieu niemals Lesen lernen können, niemals Fußball spielen können...... Vielleicht ist diese Art zu schreiben Jean-Louis Fournier Art sich seinem Schicksal zu stellen und nicht zu verzweifeln? Es ist ein besonders hartes Schicksal, aber er setzt sich wirklich über alle Tabus hinweg und macht sich lustig über seine Söhne und das ist nicht meine Art, da kann ich weder darüber lachen, noch akzeptieren. Dieses Buch wurde in Frankreich zu einem Bestseller und mit dem renommierten Prix Femina ausgezeichnet. Haben die Franzosen vielleicht einfach einen anderen Humor als ich? Nicht mal ein winzig kleines Grinsen konnte es mir entlocken. Wahrscheinlich sah ich beim Lesen eher aus als hätte ich in eine Zitrone gebissen? Auf Kosten seiner Kinder lässt Jean-Louis Fournier all seine Wut heraus und beschreibt den Alltag seiner Kinder. Ein Erfahrungsbericht oder vielleicht sind es auch eher Briefe an seine Söhne, die mal kürzer, mal länger sind, aber nie mehr als 2 Seiten und manchmal auch nur einige Sätze. Die 160 Seiten hatte ich an einem Abend fertig gelesen und mich hat es eher erschüttert, als begeistert. Vielleicht liegt es daran, daß ich nicht Betroffen bin? Das meine Kinder gesund sind? Mich nerven die Vergleiche anderer Eltern auch tierisch:" Guck mal, was mein Kind schon kann und bla, bla, bla!" Wie schlimm muss es sein, wenn ein Kind gar nichts kann und beim Auto fahren immer nur die eine Frage stellt: " Wo fahren wir hin, Papa?" ohne eine Antwort zu erwarten? 

Matthieu stirbt im Alter von etwa 10 Jahren nach einer Operation. Seine Skoliose ist so ausgeprägt, daß sie ihm seinen Rücken strecken müssen. Er überlebt nur einige Tage. Thomas ist am Ende des Buches 30 Jahre alt und vegetiert nur noch vor sich hin. Er hat das Lachen verloren und kann auch nicht mehr malen. Natürlich ist es ein mehr als grausames Schicksal, nicht nur für die Kinder, sondern auch für deren Eltern, aber ich hätte es anders geschrieben und daher kann und will ich dieses Buch nicht weiterempfehlen. 

 

 

 

Auf dem Cover finden wir folgenden Text:

"Wenn man über behinderte Kinder spricht, macht man meist ein betretenes Gesicht. Wenigstens dieses eine Mal möchte ich versuchen, mit einem Lächeln über euch zu reden. Ihr habt mich oft zum Lachen gebracht - nicht immer unabsichtlich."

 

Erst auf dem 2. Blick ist mir aufgefallen, daß der abgebildete Teddy schielt!

 

 

Ich habe eine Situation im Kopf behalten, nicht nur, daß die Jungs nur Stroh im Kopf haben, sondern eine Begebenheit als Thomas versucht sich anzuziehen. Er versucht seinen Kopf nicht durch den Ausschnitt zu stecken, sondern durch ein winzig kleines Löchlein im Pullover und er schafft es auch und hinterher ist er nach aller Anstrengung sehr, sehr stolz. Dieses könnte auch eine Begebenheit sein, die ein gesundes Kind erlebt hat, aber da wir wissen, daß Thomas behindert ist, ist diese Begebenheit etwas ganz besonderes. Leider bleibt es bei dieser einen und es wird mehr aufgezeigt, was die beiden nicht können und auch niemals können werden. Wäre ich ihr Vater wäre ich auch traurig, wütend und würde mit dem Schicksal hadern, aber auf Kosten der Kinder würde ich kein Buch schreiben und daher vergebe ich auch nur einen gut gemeinten Stern, denn mich hat das Buch leider nicht angesprochen! Vielleicht siehst du es als Betroffener doch anders, aber ich bitte dich darum, mir meine Meinung und meine Empfindungen zu lassen! Vieles ist einfach nur unheimlich traurig und das Schicksal der beiden Jungs bewegt mich zutiefst! Das eine Ehe scheitert ist für mich mehr als nachvollziehbar, denn man verbraucht denke ich gerade bei 2 kranken Kindern all seine Energie für die Kinder. Leider sucht das Schicksal sich die Menschen aus, die ein besonderes Kind bekommen, aber vergibt es auch genügend Energie und Kraft? Wir haben im Bekanntenkreis eine Familie, die ein Mädchen haben mit Rett-Syndom, d.h. sie kann gar nichts und braucht Intensivstpflege, die man wirklich nur leisten kann, wenn man Unterstützung hat. Alleine wirst du es kaum schaffen ein ausgewachsenes Kind zu baden, zu wickeln, zu füttern, anzuziehen ......... Es ist ein wirklich hartes Los und ich ziehe meinen Hut vor Eltern, die ihr tägliches Leben mit einem schwerstbehinderten Kind meistern müssen! Das die Gedanken dabei bestimmt nicht immer schön sind und man auch mal wütend ist auf das Schicksal und noch schlimmer auf Gott, kann ich von menschlicher Sicht natürlich vollkommen nachvollziehen. Dennoch empfinde ich manche Aussagen in dem Buch einfach als falsch und flach und kann die Begeisterung vieler einfach nicht teilen. Tut mir aufrichtig leid!

 

 

 

Viele Grüße,

Mel