Der Habicht ist einfach keine Renate Bergmann

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elke seifried Avatar

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Ich hatte schon mit einigen Renate Bergmann Büchern köstliche Unterhaltung und hatte beim Lesen immer jede Menge Spaß und Kurzweil. Ich war deshalb sehr gespannt auf die neue Reihe aus der Feder von Torsten Rohde, leider wurden meine Erwartungen nicht ganz so erfüllt wie erhofft.

„Ich sag Sie das, wie es ist, es kam für mich sehr überraschend, als die Chefin mich ins Büro bestellte und mir Kaffee anbot. [….] Dann palaverte sie eine lange Rede [….] Langsam dämmerte mir, dass die mich nach Hause schicken wollte. Mich! Einen Mann in der Blüte seines Lebens, einen, der Erfahrung, Übersicht und Tatkraft in sich vereint und der im Gegensatz zu so vielen jungschen, angelernten Hüpfern, die sie da jetzt auf den Bock setzen, noch mit Herz und Seele Busfahrer ist.“, heißt es plötzlich für den dreiundsechzigjährigen Günter Habicht. Und wo vor ein paar Tagen für ihn und seine Ehefrau noch galt, „Manche Tage sahen wir uns nur kurz, und gemeinsam frei kam nicht unbedingt jede Woche vor.“, ist nun ein. „Da muss man sich erst mal dran gewöhnen, dass man nun jeden Morgen nebeneinander aufwacht und der andere dann auch da ist und vor allem, dass er bleibt. Wir lernten uns völlig neu kennen und mussten erst mal lernen, uns zu ertragen. Äh, vertragen natürlich. Brigitte war auf einmal IMMER da! Schon bald merkte ich, dass meine Frau wirklich anstrengend sein konnte, Ihnen darf ich das ja sagen.“ angesagt.

Als Leser lernt man Günther Habicht und seine Probleme, die er mit seiner Frau beim Zusammenleben hat, kennen. Diese ist wenig begeistert von seinen Kontrollgängen im Viertel, um sich die Zeit sinnvoll zu vertreiben, „Frau Eberzahn grüßt mich nicht mehr, und Herr Griebnitz hat gestern an der Kasse seine Ware wieder eingepackt und sich wortlos nebenan angestellt. Der Mann macht nicht nur sich, sondern auch mich zum Gespött der Leute! Ich werde bald wahnsinnig!“ und setzt ihm deshalb das Messer auf die Brust. Gemeinsam wird ein Beziehungsratgeber durchgeackert und nebenbei darf man Günther bei diversen Nebenjobs begleiten, wie Hausmeister im Altenstift oder Platzwart auf dem Campingplatz, die er annimmt, wenn er Auszeiten vom Beziehungsgeacker braucht.

Der gewohnt flüssige Schreibstil des Autors liest sich locker, leicht. Ich konnte auf den ersten Seiten auch durchaus noch über seine gelungen gesetzten Pointen, wie „Brigitte hätte es am liebsten gesehen, wäre ich tagsüber aus dem Haus gegangen. »So eine Tagesbetreuung für Frühpensionäre, eine Kita für Rentner, so was muss es doch geben!«, hörte ich sie sich am Telefon bei ihrer Freundin Doris beklagen.“ schmunzeln und hatte mir eigentlich daher aufgrund der Leseprobe auch mehr erhofft. Aber ich kann gar nicht beschreiben warum, vielleicht weil es mir ganz schnell wie Günthers Ehefrau ging, ich war eher angenervt von Günther, als dass er mich zum Schmunzeln und Lachen bringen und ich mich über ihn amüsieren konnte, hatte ich hier nach einiger Zeit sogar eher Mühe, bei den an sich wirklich witzigen Szenen und Dialogen, die natürlich nicht ganz fehlen, vor allem wenn ihm Brigitte Kontra gibt, wie »Adoptieren Sie zusammen ein Haustier«, hieß das Kapitel, das Brigitte aufschlug. Ich guckte, sie guckte, und dann prusteten wir beide wieder los. Nee, das kam nicht infrage, da waren wir uns einig. Das ist doch auch schon mal was! So ein Tierchen wollten wir uns nicht ans Bein binden. Früher, als Mareike noch klein war, da hatten wir immer mal Hamster, Meerschweinchen oder auch Wellensittiche. Aber selbst eine kleine Meersau müffelt! »Nee, nee, Brigitte, so ein Tier sitzt doch nur in seiner Plastewanne, quiekt, frisst und kötelt.« »Ungefähr wie du am Wochenende, wenn Fußball läuft« ein Grinsen zustande zu bringen.

Auch wenn ich Renate Bergmann liebe und mich über sie und ihre Klischees amüsieren kann, konnte ich mich mit Günther leider nicht anfreunden. Er ist ein Pedant, ein Besserwisser, der in vergangenen Tagen stehen geblieben ist, bei dem alle anderen etwas falsch machen, Frauen nichts können und für den früher einfach alles besser war. Das ist mir einfach eine Mütze zu viel an gut gesetzten Macken.

Alles in allem konnte mich der Autor nicht als Fan für seine neue Reihe gewinnen. Darf Renate Bergmann Neues aus dem Nähkästchen plaudern, jederzeit wieder gerne, aber hier werde ich eher nicht Ausschau nach einer Fortsetzung halten.