Achtung, nicht ohne Taschentücher lesen!

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kleinfriedelchen Avatar

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Es sind die schlimmsten Worte, die die starke und selbstbewusste Helikopterpilotin Jolene je hören musste: Ich liebe dich nicht mehr. Als ihr Mann Michael ihr eröffnet, keine Gefühle mehr für sie zu haben und eine Scheidung erwägt, bricht Jolenes heile Welt zusammen. Wie wird sich das auf ihre Familie und ihre zwei Töchter auswirken, die ihr mehr als alles andere bedeuten? Doch ihr bleibt kaum Zeit, Michaels Gefühle zu akzeptieren und ihr Leben neu zu ordnen, denn am nächsten Tag erfährt Jolene, dass sie gemeinsam mit ihrer besten Freundin in den Krieg eingezogen wird. Sie müssen in den Irak...

Wer nur den Klappentext des Verlages liest oder das Cover sieht, erwartet vermutlich eine romantische, vielleicht auch etwas kitschige Liebesgeschichte. Dabei verdient das Buch dieses voreilige Urteil in keinster Weise, denn die Geschichte, die Kristin Hannah hier präsentiert, ist weder kitschig, noch kann sie auf eine reine Liebesgeschichte reduziert werden. Stattdessen ist es eine unglaublich berührende Geschichte über eine Familie, die durch den Krieg und dessen Folgen zerrissen zu werden droht.

Jolene und Michael sind seit über zwanzig Jahren verheiratet - und glücklich, wenn es nach Jolene geht. Doch Michael, der gerade seinen Vater verloren hat, kommt mit der stets positiven Einstellung seiner Frau nicht mehr klar, fühlt sich von ihr immer mehr eingeengt und distanziert sich zunehmend. Fast schon unfreiwillig rutscht ihm in einem Streit heraus, dass er sie nicht mehr liebt. Doch bevor er die Möglichkeit hat, sich wirklich über seine Gefühle klar zu werden, wird Jolene in den Irak beordert. Schon bald soll er feststellen, dass nicht nur seine Frau an der fernen Front zu kämpfen hat...

Was daraufhin folgt, ist eine unheimlich berührende Geschichte, die mich mehr als einmal zu Tränen gerührt hat. Die spannungsgeladene, tragische Handlung in Kombination mit den starken und absolut glaubwürdigen Charakteren hat mich von Anfang an an die Seiten gefesselt.

Jolene ist in einer Alkoholikerfamilie aufgewachsen und hat ihre Eltern mit siebzehn Jahren verloren. Auch schon vorher musste sie sich immer um sich selbst kümmern und hat früh gelernt, zu kämpfen und sich auf sich selbst zu verlassen. Erst in der Armee und später bei Michael hat sie eine echte Familie gefunden, für die sie alles tun würde. Doch nun droht ausgerechnet die Armee, ihre Familie zu zerstören. Denn ihre Töchter bedeuten ihr alles und so bricht es ihr das Herz, sie für ein Jahr verlassen zu müssen - mit der Befürchtung im Hinterkopf, sie vielleicht nie wieder zu sehen. Ihre Kinder können ihre Entscheidung, in den Krieg zu ziehen, nicht verstehen, genauso wenig wie ihr Mann Michael, der mit seiner liberalen Einstellung nichts vom Krieg hält und sich nun plötzlich allein um die beiden Töchter kümmern muss, obwohl er als Strafverteidiger meist bis spät in die Nacht arbeiten muss.

So ist Jolene hin-und hergerissen, zwischen ihrem Pflichtgefühl und ihrer Liebe zu ihrer Familie. Nicht nur deshalb ist "Zwischen uns das Meer" ein sehr emotionaler Roman, bei dem garantiert kein Auge trocken bleibt - mir jedenfalls ist die Geschichte sehr zu Herzen gegangen. Jolene liebt ihre Töchter über alles, und das spürt man beim Lesen auch wirklich, genau wie ihre verzweifelte Liebe zu Michael. Nicht zuletzt war es aber natürlich auch die heftige Thematik, welche die Geschichte so emotional gemacht hat. Wie Michael halte ich nicht viel vom Krieg und konnte mich in seinen Ansichten oft wiederfinden. Diese Geschichte hier hat mich jedoch wirklich nachdenklich gemacht und mir bewusst werden lassen, was Krieg eigentlich für die kämpfenden Soldaten wirklich bedeutet. Es bedeutet, jeden Tag um sein Leben fürchten zu müssen, erleben zu müssen, wie Kameraden und Freunde einen Meter von einem entfernt von Bomben zerfetzt oder brutal verstümmelt werden. Und es bedeutet, seine Liebsten, die tausende Meilen entfernt sind, vielleicht nie wieder zu sehen.

Trotz Militärtraditionen und großer Gefühle kommt das Buch ganz ohne Pathos und Kitsch daher und hat mir gerade deshalb umso mehr gefallen. Jolenes Kriegserlebnisse und Michaels Schwierigkeiten mit seinen Kindern werden absolut realistisch und ungeschönt dargestellt. Genau deswegen kann ich das Buch auch einfach nur vorbehaltlos weiterempfehlen. Für mich war es ein wunderbares Leseerlebnis und es wird garantiert nicht das letztes Buch der Autorin gewesen sein, welches ich verschlungen habe.