Ein starkes Buch - Leseempfehlung!

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katja-68 Avatar

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Jolene ist glücklich verheiratet und Mutter zweier Töchter. Doch ihr Glück ist zerbrechlich, wie sie eines Tages erfahren muss. Ihr Mann Michael liebt sie scheinbar nicht mehr, wie er ihr im Streit offenbart. Jolenes Welt stürzt zusammen. Nur mit eiserner Disziplin, die sie sich als Hubschrauberpilotin der Armee zu eigen gemacht hat, gelingt es ihr, ihre Gefühle und ihre tiefe Verzweiflung nicht an die Oberfläche gelangen zu lassen. Nur ihrer besten Freundin Tami gegenüber kann sie sich ein wenig offenbaren. Ausgerechnet in dieser schwierigen Situation wird sie - zusammen mit Tami - zu einem Einsatz einberufen. Sie muss als Soldatin in den Irak - mitten in den Krieg. Ihr Mann hat keinerlei Verständnis für ihr Pflichtgefühl. Er kann es nicht fassen und nimmt es ihr regelrecht übel, dass sie tatsächlich ihre Kinder im Stich lässt und ihn, den überlasteten und gestressten Anwalt mit den zusätzlichen Sorgen um die Kinder und den Haushalt zurücklässt. Gerade jetzt, wo er doch als Verteidiger eines jungen Mannes, der ebenso ein Kriegsveteran ist, einen äußerst schwierigen Fall zu bewältigen hat. Aber eben genau durch das Eintauchen in diesen Fall erkennt Michael erst nach und nach in welcher Gefahr seine Frau schwebt, was sie leistet und durchmacht. Schließlich wird im klar, wieviel ihm Jolene doch noch bedeutet...

Zuerst mal soviel: Hätte ich gewusst, dass hier eine Soldatin die Hauptperson ist, hätte ich mich wahrscheinlich, als überzeugte Pazifistin, gegen das Buch entschieden. Zum Glück habe ich es aber nicht gewusst und gelesen! Obwohl das Schwerpunkt der Geschichte auf Jolene liegt, schafft es die Autorin alle Charaktere in die Handlung zu integrieren und sämtliche Probleme mit einzubeziehen. So erlebt man neben den dramatischen Entwicklungen im Kriegsgebiet auch die familiäre Spannung und die Beziehungsprobleme hautnah mit. Betsy steckt mitten in der Pubertären-Phase und treibt erst nur die Mutter, später auch den Vater, ständig an ihre Grenzen. Lulu ist verzweifelt und kann alles nicht so recht verstehen. Die Reaktionen der beiden Kinder passen gut zu deren Alter und lassen sie nicht im Hintergrund verschwinden, sondern als wichtigen Teil der Familie präsent bleiben. Wie soll man einem vierjährigen Mädchen erklären, dass die Mama ein Jahr einfach weg ist und selbst an ihrem Geburtstag nicht heim kommt? Und wie kann man mit der Wut eines Teenagers umgehen, der die Gefahr ahnt in die sich die Mutter, die sie gleichzeitig liebt und hasst, freiwillig begibt, anstatt an ihrer Seite zu bleiben? Die innerlichen Kämpfe der Mutter waren beim lesen fast greifbar! Ich kann eigentlich nicht verstehen, wie man Berufssoldat werden kann, aber durch Jolene bekommt man einen ganz neue Sichtweise auf manche Dinge. Irgendwie respektvoller.... Und der Ehemann? Michael muss sich klar darüber werden, was für ihn wirklich wichtig ist. Erst als er nicht nur Haushalt und Familienalltag stemmen, sondern auch als Anwalt einen Kriegsveteranen verteidigen muss, wird ihm langsam klar, welches Leben seine Frau wirklich führt und was sie leistet. Nicht nur während des Einsatzes, sondern jeden Tag aufs Neue. Gefallen hat mir in dem Zusammenhang, dass man die verschiedenen Situationen in der Familie immer von Jolenes UND Michaels Seiten erzählt bekam, sodass man beide immer ein Stück weit verstehen konnte und die Geschichte dadurch nicht zu einseitig wurde.
Wieder aus dem Irak zurück, ist Jolene körperlich und seelisch verwundet. Sie ist von den Ereignissen derart geprägt, dass sie sich nicht nur komplett emotional von ihrer Familie abschottet, sondern auch von Alpträumen und Panikattacken gequält wird. Sie kämpft nun nicht nur um ihre Gesundheit, sondern auch gegen sich selbst und dafür ihr altes Familienleben zurück zu bekommen.

Nicht umsonst ist der Originaltitel "Homefront", denn daheim gibt es einen weiteren, einen anderen Kampf. Und denn betrifft die ganze Familie. Aber wie manchmal auch im wahren Leben, gibt es auch hier nur bedingt ein Happy End....
Von der ersten bis zur letzten Seite bietet das Buch eine starke Geschichte mit einer realistischen, logisch aufgebauten und gleichzeitig extrem emotionalen Handlung. Die Schilderungen der traumatischen Ereignisse sind sehr lebendig und der Schreibstil ist wirklich fesselnd.
Ich habe schon lange nicht mehr ein so berührendes Buch gelesen und kann es zu 100% empfehlen. Von mir gibt es eine ganz klare, ja dringende Leseempfehlung.