Kriegsroman mal anders

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
kattig Avatar

Von

Der Originaltitel sagt mehr über den Inhalt des Romans aus als der deutsche. „Home Front“ – „Front“ – man denkt an Krieg. Und genau darum geht es in diesem Buch. Auch die Kurzbeschreibung ließ für mich nicht erahnen, dass es sich in der Geschichte auch viel um Krieg drehen würde.
Zunächst war ich davon etwas erschrocken, weil mich eine Geschichte über den Irakkrieg – noch dazu aus amerikanisch-patriotischer Sicht – überhaupt nicht interessiert bzw. nicht zu meinen bevorzugten Themen gehört. Allerdings schafft es Kristin Hannah mit ihrer emotionalen und sensiblen Schreibweise mich auch von diesem Buch zu überzeugen.
Jolene ist leidenschaftliche Mutter und Ehefrau. Ihre beiden Töchter Beth und Lulu liebt sie sehr und sie versucht immer eine „Übermutter“ zu sein. Auch als Ehefrau gibt sie ihr bestes, doch ihr Mann Michael kann mit dem ständigen positiven Denken seiner Frau immer weniger anfangen. Die beiden entfernen sich immer mehr voneinander und es kommt zum Streit. Michael wirft Jolene an den Kopf, dass er sie nicht mehr liebe. Kurz darauf wird Jolene – leidenschaftliche Pilotin eines Black Hawk bei der Armee – einberufen. Die knappe Zeit, die der Familie bleibt sich auf ihren Einsatz vorzubereiten reicht nicht um alles wieder einzurenken. Die Töchter sind verstört und unglücklich, dass ihre Mutter sie für ein Jahr verlassen will. Michael, ein vielbeschäftigter Anwalt, kann sich ebenso wenig mit dem Gedanken anfreunden sich mehr zuhause bei den Kindern aufzuhalten und den Haushalt zu schmeißen. Doch ihnen allen bleibt nichts anderes übrig.
Jolene fliegt mit ihrer besten Freundin, Nachbarin und Copilotin Tamy in den Irak. Ihre Einsätze sind nicht immer so ungefährlich wie sie ihrer Familie weismachen wollte und will und so beginnt sie schnell neben ihren Briefen/Emails an ihre Familie, ein persönliches, ehrliches und ungeschöntes Tagebuch zu führen.
Michael und ihren Töchtern wird unterdessen klar, dass Jolenes Einsatz nicht so ungefährlich ist, wie sie es ihnen verkauft hatte. Zum einen sehen sie immer öfter Berichte in den Nachrichten über gefallene Soldaten und missglückte Missionen, zum anderen vertritt Michael einen Fall eines ehemaligen Marines vor Gericht. In der Bearbeitung dieses Falls, muss er sich erstmals mit dem –Thema Militär befassen – das er trotz Jolenes Job bis dahin vermieden hatte – und er muss sich über die psychischen Belastungen die im Krieg auf Soldaten einstürzen klar werden. Je mehr er sich damit befasst und je länger Jolene weg ist, desto mehr findet er Verständnis für seine Frau und bereut seine letzten Worte an sie.
Doch dann geht ein Einsatz im Irak schief und für Jolene und ihre Familie ist nichts mehr wie es vorher war. ..

Wie gesagt war ich anfangs wenig begeistert ein Buch über eine Iraksoldatin lesen zu „dürfen“. Doch die Autorin hat ein enormes Gespür dafür Situationen, Gefühle und Menschen zu beschreiben. Tiefgründig, so dass man die Protagonisten versteht, aber ohne auf die Tränendrüse zu drücken. Ich finde es bleibt einem als Leser freigestellt ob man Mitleid mit Jolene hat, ihren Mann verurteilen will oder ihre pubertierende Tochter Beth verstehen will. Alle werden so beschrieben wie sie sind, der Krieg wird mit vielen persönlichen Facetten gezeigt, aber auch ein Pazifist wie Michael kommt in diesem Buch nicht zu kurz. Das gefällt mir! Ein emotionales, aber sehr schönes Buch.