Verschiedene Vorstellungen von Glück

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mittelhessin Avatar

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Alles könnte so schön sein: Jolene und Michael sowie ihre beiden Töchter führen ein geordnetes Leben. Aber Michael, Anwalt in einer Kanzlei, trauert um den Tod seines vor wenigen Monaten verstorbenen Vaters, mit dem er viele Jahre eng in der Kanzlei zusammen gearbeitet hat. Dass auch Jolene eine ähnliche Trauererfahrung gemacht hat, als sie im Alter von 17 Jahren ihre Eltern verloren hat, erfährt der Leser im Prolog. Aus dieser Erfahrung heraus haben Michael und Jolene jedoch ganz unterschiedliche Wege gewählt, um mit ihrer Trauer umzugehen. Jolene und Michael finden offenbar keinen gemeinsamen Nenner und sind sich dessen vermutlich auch gar nicht bewußt, dass Sie sich aufgrund ihres sehr unterschiedlichen Denkens und Fühlens sowohl in traurigen wie auch glücklichen Momenten nicht wirklich nahe sind.

Die zunächst nur kleinen und unausgesprochenen Spannungen zwischen Michael und Jolene summieren sich und schließlich eröffnet Michael Jolene in einem Streit, dass er sie nicht mehr liebt. Für Jolene bricht eine Welt zusammen. Dazu kommt, dass Jolene gemeinsam mit ihrer besten Freundin und Nachbarin Tami in den Irakkrieg einberufen wird - zu einer Aussprache mit Michael kommt es nicht mehr. Bei einem Einsatz wird der Hubschrauber abgeschossen und sowohl Jolene als auch Tami werden schwer verletzt nach Deutschland in ein Militärkrankenhaus geflogen. Michael ist sich inzwischen seiner Liebe zu Joelen bewußt geworden und kämpft um die gemeinsame Zukunft. Aber die schwerwiegende Verletzung und die Schuldgefühle, die sich Jolene für den Hubschrauberabschuss gibt, werfen die bisher so unerschütterliche Joelene beinahe aus der Bahn - ein happy End erscheint mehr als fraglich.

Nach einem eher unspektakulären Beginn - wenn man von dem Prolog absieht - versteht es die Autorin Kristin Hannah, die Zuspitzung eines Konflikts peu à peu aufzubauen und gibt sehr emotionale und einfühlsame Einblicke in das Leben der Protagonisten. Der Schreibstil ist ansprechend und lebendig - es fällt leicht, in die Geschichte einzutauchen. Die Protagonisten werden sehr individuell beschrieben, die Sichtweise und das Handeln eines jeden einzelnen ist schlüssig und als Leser fällt es schwer zu entscheiden, wem die Sympathien letztendlich gelten: Michael, dem eher pazifistisch veranlagten Pragmatiker, der das Thema Armee und Krieg bisher stets vermieden hat, der sich nun jedoch als Anwalt thematisch doch damit auseinandersetzen muss - oder Jolene, der überaus engagierten Mutter und überzeugten Hubschrauberpilotin, die bereit ist, für Ihr Land in den Krieg zu ziehen?

Insgesamt ein emotional sehr aufwühlendes Buch, ein Liebesroman mit enormem Tiefgang und Nachhall!