Beeindruckende, berührende Familiensaga

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buchlieberin Avatar

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Mit 15 kam Hattie mit ihrer Mutter und zwei Schwestern aus dem Süden nach Philadelphia. Unglaublich, wie mit ein paar Sätzen die fehlende Rassendiskriminierung auf dem Bahnhofsvorplatz beschrieben wird!
Sie begegnet August, gibt ihm nach einigem Werben nach und wird schwanger: Philadelphia, Jubilee, Floyd, Six, Ella, Alice, Billups, Franklin, Bell, Cassie und Ruthie. Ja, Hattie hat insgesamt elf Kinder geboren. Jedes Kind hat die gleichen Voraussetzungen und jedes ein ganz anderes Leben.
Da geht es um Säuglingssterblichkeit, Homosexualität, Tuberkulose, Adoption, Wahnsinn, Religiosität, Vietnam-Krieg, Medikamentenmissbrauch, gute Ehen, schlechte Ehen, Armut, Reichtum, Klassenunterschiede, Kindesmissbrauch und andere Gewalt.
Jedes Kapitel handelt von kurzen Lebensabschnitten von ein oder zwei von Hatties Kindern. Mit diesen Episoden wird ein Zeitraum von über 60 Jahren überbrückt. Damit wird das Buch auch zu einem Spiegel vom Wandel der Gesellschaft.
Hattie und ihre Familie sind Neger (so bezeichnen sie sich zeitgemäß selbst im Buch) und arm, aber stolz. Bei so wenig Geld und so vielen Kindern hat Hattie für liebevolle Zärtlichkeiten keine Kraft. Sie gibt sich immer stark und hart.
Bis im letzten Kapitel, das von Sala, einer von Hatties Enkelinnen, handelt und in dem endlich Hatties harte Schale, die sich im ersten Kapitel bildet, wieder aufbricht.
Das Buch ist trotz der oft harten Ereignisse nie rührselig. Durch den Perspektivwechsel in jedem Kapitel wird es sehr vielschichtig. Zum Teil kann man auch immer wieder lesen, wie das Leben der anderen Beteiligten weitergegangen ist.
Im Anhang findet sich ein schöner Stammbaum mit Scherenschnitten, in dem die Eltern und Kinder aufgezeichnet sind und zu den Jahreszahlen, in der die jeweiligen Einzelgeschichten spielen, in Beziehung gesetzt werden.
Die Autorin, Ayana Mathis, wuchs selbst in Germantown, dem Viertel Philadelphias, in dem Hattie mit ihren Kindern lebte, auf.
Beim Lesen des Romans musste ich oft an die Bücher von Toni Morrison denken.
Ich hoffe, dass nach diesem beachtlichen Erstlingsroman noch viele weitere Bücher folgen