Wie viele Kinder kann eine Frau lieben?

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sofie Avatar

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Bei „Zwölf Leben“ (original: „The twelve tribes of Hattie“) handelt es sich um den ersten Roman der Autorin Ayana Mathis, die wie ihre Hauptfigur aus Germantown, einem Arbeiterviertel in Philadelphia, kommt.
In dem Roman geht es um Hattie und ihre elf Kinder sowie um eines ihrer Enkelkinder. Hattie kommt ursprünglich aus dem Süden und ist als junges Mädchen mit ihren Schwestern und ihrer Mutter nach Philadelphia gezogen. Dort lernt sie August kennen und wird mit 17 Jahren schwanger. Hier setzt die Handlung des Romans ein, es geht los mit den ersten Kindern der beiden, Philadelphia und Jubilee, im Jahr 1925 und geht bis 1980 und ihrer Enkeltochter Sala. In jedem Kapitel steht ein anderes Kind im Vordergrund, jeweils zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten in ihrem Leben. Das Hauptthema ist meiner Meinung nach das Verhältnis zwischen Mutter und Kind und wie sich dieses auf das gesamte Leben eines Kindes auswirken kann. Dabei ist mir besonders ein Zitat im Gedächtnis geblieben: „Wie viele Kinder konnte eine Frau wirklich lieben? […] Es waren zu viele Kinder. Ruthie ist eins von Hatties vielen Kindern, dachte er. Zu was für einem Mädchen würde sie unter den Geschwistern heranwachsen?“ (Seite 142)
Es geht aber auch um das Verhältnis zwischen Schwarzen und Weißen in Amerika, besonders die Ungleichbehandlung bis in die 60er Jahre wird sehr deutlich beschrieben. Daneben geht es auch noch um Religion und die Beziehung der Menschen zu Gott.
Die Autorin erzählt den Roman episodenhaft. Es wird immer ein kleiner Ausschnitt aus dem Leben von Hattie dargestellt und immer erhält man als Leser eine neue Perspektive und damit eine neue Sichtweise auf Hattie. Man lernt sie als Mutter, Geliebte, Ehefrau, Großmutter und Schwester kennen. Hattie ist eine stolze Frau, die immer mit sich und ihren Kindern ringt, die versucht, immer das Beste zu tun. Dabei hat sie jedoch nicht immer Erfolg.
An manchen Stellen erschien mir die Übersetzung etwas holprig und auch vom Lektorat erwarte ich beim dtv doch etwas mehr, aber insgesamt hat mir „12 Leben“ sehr gut gefallen und ich kann es auf jeden Fall weiterempfehlen. Ein sehr anspruchsvoller Roman, der einen mit einigen Denkanstößen zurücklässt.