Memento Mori oder lieber doch nicht ?

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Sir Robert Merivel, der Leibarzt der königlichen Hunde und gleichzeitig der persönliche „Narr“ König Charles II., hat sich vor 15 Jahren, mit seiner inzwischen 17-jährigen Tochter Margaret, auf sein Landgut Bidfold in Norfolk zurückgezogen.
Als sein Diener William Gates eines Tages mit einem alten, verstaubten und verdreckten Päckchen zu ihm kommt, welches sich als Merivels Tagebuch aus fernen Tagen herausstellt, bekommt Merivel, neben seiner immer wiederkehrenden Melancholie, auch noch nostalgische Gefühle. Er denkt, dass Leben läuft an ihm vorbei, auch deswegen, weil seine Tochter Margaret langsam erwachsen wird und mehr Zeit mit den Nachbarstöchtern verbringt. Deshalb beschliesst er, nach Frankreich an den Hof Ludwig XIV. zu fahren und die Tage von Glanz und Glorie wieder aufleben zu lassen….

Mit ihrem Roman „Adieu, Sir Merivel“ kehrt Rose Tremain nach „Des Königs Narr“ (auch „Zeit der Sinnlichkeit“) wieder zu Sir Robert Merivel und die Restaurationszeit unter Charles II. zurück.
Die Geschichte spielt sich zwischen November 1683 bis zum März 1685 ab und wird in Ich-Form von Merivel persönlich erzählt. Am Anfang des Romans wird dem Leser eine Art Zusammenfassung des ersten Romans über Sir Robert geliefert mit Figuren, welche auch im zweiten Roman mehr oder weniger immer wieder eine Rolle spielen werden. Man folgt dem Leben des adeligen Merivels im Zeitalter des Barocks. Man erfährt etwas über seine Beziehungen zu seinen Dienstboten, dem König, seiner Tochter und was ihm und diesen, seinen liebsten Mitmenschen wiederfährt. Man liest über seine Liebschaften, seine Gedanken über vielerlei und nichts und seinen Reisen nach London, Frankreich und die Schweiz.

Im Original heisst der Roman „Merivel: A Man of his Time“, was so viel heisst wie „Merivel: Ein Mann seiner Zeit“. Ich finde diesen Titel überaus passend für den Roman. Den Rose Tremain hat durch die Figur von Merivel die Widersprüchlichkeit des Barocken Zeitalters wunderbar beschrieben. Die Spannungen der Menschen (vor allem der Adeligen?) zwischen übermässiger Lebenslust und Todesangst, sowie zwischen Weltbejahung und Vergänglichkeitsbewusstsein, all dies vermittelt Rose Tremain dem Leser durch die Figur Robert Merivels, welche eine Art innere Zerissenheit oder Zwiespältigkeit aufweist (wie übrigens viele der Figuren).
Dadurch gibt es aber auch ein Problem. Das Barocke Zeitalter scheint auch überaus frivol gewesen zu sein, jedenfalls stellt der Roman dies so dar. Wenn man also Frivolitäten und das widersprüchliche Zeitalter des Barocks sowieso nicht mag, sollte man diesen Roman lieber nicht lesen, denn dann wird er einem garantiert nicht zusagen.

Ich persönlich bin, nach der Lektüre des Romans, ziemlich widersprüchlich eingestellt. Mir gefielen zwar vor allem die Dialoge mit Merivel und seinem Diener William Gates oder Merivels mit seinem (toten) Freund John Pearce, welcher eine Art „Gegenfigur“ (Quäker !) zu Merivel darstellt. Andererseits waren mir die Liebschaften oder gewisse Beschreibungen schon fast ein wenig zu viel des Guten. Aber eben, wie gesagt es ist nun einmal das Zeitalter des Barocks!

Fazit: Die Ausstattung des Buches aus dem Insel Verlag finde ich sehr liebevoll und passend zum Zeitalter, in der der Roman spielt, gemacht. Den Titel finde ich gut gewählt, nur den Originaltitel finde ich noch eine Spur besser.
Wenn man sich für England (Frankreich, Schweiz) im Zeitalter des Barocks interessiert, kommt man nicht an diesem Roman vorbei.
Man sollte aber den ersten Roman über Sir Robert am besten vorher zuerst gelesen haben (was ich nicht gemacht habe, dafür habe ich die Verfilmung gesehen: „Restoration“).
Wer jedoch nichts mit dem Barock anfangen kann, sollte lieber die Hände von diesem Buch lassen.