Leitfaden für eine Art modernen Marlboro-Mann

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herrwieland Avatar

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Kürzlich stolperte ich über eine Meldung des Nachrichtenmagazins »Der Spiegel«. Die Sportartikel-Kette »Decathlon« habe aus vier Filialen an der nordfranzösischen Küste am Ärmelkanal Kajaks aus dem Verkauf genommen. Es habe zahlreiche Versuche von Geflüchteten gegeben, mit diesen Booten nach Großbritannien zu gelangen. Man wolle dort nun keine Boote mehr verkaufen, die das Leben eines Menschen bei einer Überfahrt in Gefahr bringen könnten.

Nun geht es in »Die Begegnung« nicht um Geflüchtete und mir ist vollkommen klar, dass mir Autor Jochen Schweizer eine solche Überfahrt nicht nahelegen mochte, als er seinen Protagonisten in seinem Buch mit einem Kajak übers offene Meer fahren ließ. Aber der Blick auf die besagte Nachricht ließ mir bewusst werden, wie absurd weit weg die Geschichte dieses Buchs von meinem Alltag ist.

Dabei fühlte ich mich zunächst angesprochen, von diesem Buch mit hübschem Cover und dem in Norwegen spielenden Plot. Der weise Alte und der wilde Junge, die sich treffen und sich ihre Leben erzählen. »Eine Geschichte über den Weg zum selbstbestimmten Leben«, wie der Untertitel lautet.
Ich mag Geschichten die mich dazu bringen über mich nachzudenken. Ich mag’s philosophisch und ich muss mich selbstkritisch auch als leichtes Opfer für das Genre der modernen Selbstoptimierungs-Ratgeber bezeichnen. Ich mag Ratgeber und Bücher mit Weisheiten, ich mag es, solcherlei mit meinem Leben abzugleichen, zu schauen, ob Gedanken, Ideen, mich weiterbringen, mir meine Welt erklären.

Aber die Weisheiten in Jochen Schweizers »Die Begegnung« erklärten mir irgendwie gar nichts und die beschriebene Welt war nicht die meine. Dieses Buch kam mir vor wie ein Leitfaden für eine Art modernen Marlboro-Mann. Sich aus seinen Fesseln lösen und dem Abenteuer entgegen reiten, beziehungsweise paddeln. Alles sehr männlich, alles sehr kantig, die Geschichte, auch der Schreibstil. Das alles war mir viel zu grob. Viel zu vorhersehbar, Satz um Satz. Ich mochte das Buch nicht zu Ende lesen. Ich legte es nach der Hälfte weg, einen Tag bevor ich über die Meldung im »Spiegel« stolperte.