Untypisch für diese Zeit

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tschaynyk Avatar

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Mariane Philips war Jüdin und leidenschaftliche Aktivistin; sie hielt in den Niederlanden Vorträge und zog 1919, als eine der ersten Frauen in einen niederländischen Gemeinderat ein. Sie überlebte den Krieg; war jedoch unheilbar krank und Verstab am 13 Mai 1951.

Heleen liegt in einer Nervenklinik nachdem sie ihre Schwester Lientje erschlug und beichtet in einem Monolog, der Nachtschwester ihr ganzes Leben wie es dazu gekommen ist. Sie erzählt von ihrem Leben Zuhause, welches nur von sich immer wieder füllenden Wiegen geprägt war; das zehnte Kind Lientje, war das letzte der Geschwister. Immerzu musste sie schwer im Haushalt helfen und auf die Geschwister aufpassen. Ihr Vater; der durch einen Arbeitsunfall ans Bett gefesselt ist und die Mutter verstirbt.

Nie konnte sie richtig schlafen, weil die Wiege mit Lientje immerzu neben ihrem Bett gestanden hatte. Heleen arbeitet in einer Schneiderei und dann in einer edlen Boutique und kämpft sich durch nach ganz oben. Sie heiratet zuerst einen älteren Herren und findet ihn irgendwann ekelhaft, weil er alt und Impotent ist. Sie scheiden sich bald und Heleen verliebt sich in den fünf Jahre jüngeren Hannes und sie heiraten. Sie war schon immer eine schöne Frau und das war ihr auch immer bewusst. Nun wendet sich das Ganze und Heleen plagen die Zweifel, ob Hannes sie noch begehrt, obwohl sie ihm keine Kinder schenken kann. Zunehmend verzweifelt sie daran. Als sie auch noch die genauen Hintergründe erfährt, dass Hannes und Lientje sich hinter ihrem Rücken liebten, erschlägt Heleen ihre kleine Schwester.
„Niemand hatte Schuld an meinem Leben, nur ich selber. Es waren weder die Umstände noch die anderen Leute, da mache ich mir nichts mehr vor. Jetzt, da ich Ihnen alles erzähle, weiß ich es wieder genau - dort auf den Trottoirwlatten hatte ich die Wahl.“ (S. 77)

Mariane Philips ist mit „Die Beichte einer Nacht“, ein sehr untypischer Roman für ihre Zeit gelungen. Er geht in die Tiefe, beleuchtet die psychische Verfassung der Protagonistin und offenbart, das Leben einer Frau zu der damaligen Zeit; bis heute noch hochaktuell und ihrer Zeit damals sehr voraus. Der Roman ist autobiographisch und Philips behandelt verschiedene Phasen ihres Lebens und arbeitet diese im Rahmen ihrer Therapie auf. Vor allem aber unterscheidet er sich dahingehend von den Romanen dieser Zeit, dass Philips viel von ihrer Psyche offenbart und ihrer Gefühlswelt. Es hat mir sehr gefallen bei ihrem Monolog zuzuhören. Im Nachwort erfährt man mehr über ihr Leben von ihrer Enkelin Judith Belinfante.