Schatzsuche

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Vor einiger Zeit bin ich durch Vorablesen auf den deutschen Journalisten und Autor Oliver Pötzsch aufmerksam geworden. Seine Romane ließen sich flüssig lesen, und so war ich auch auf sein neues Werk „Die Burg der Könige“ sehr gespannt. Ob es die guten Erwartungen erfüllt hat, dazu nun wie üblich nach und nach mehr.


Inhaltsverzeichnis:
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1. Der Autor: Oliver Pötzsch
2. Ort und Zeit der Handlung
3. Die Figuren:
a) Agnes
b) Mathis
c) Der Burgvogt, Agnes Vater - Philipp von Erfenstein
d) Graf Friedrich von Löwenstein-Scharfeneck
e) Schäfer Jockel
f) Melchior
4. Die Geschichte
5. Themen
a) Schatzsuche
b) Geschichte
c) Liebe
6. Vergleich mit anderen historischen Romanen
7. Zielgruppe
8. Daten zum Buch
9. Pro & Contra
10. Fazit


1. Oliver Pötzsch
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Der Autor wurde 1970 in München geboren. Dort besuchte Pötzsch auch die Journalistenschule und arbeitete als Radio- und Fernsehreporter für den Bayerischen Rundfunk.
Bei Nachforschungen in seiner Familiengeschichte fand er heraus, dass seine Vorfahren Henker waren. Das Abtauchen in die eigene Familienvergangenheit führte dazu, dass Pötzsch Romane über eine Schnongauer Henkersfamilie im Mittelalter schrieb – mit Erfolg.


2. Ort und Zeit der Handlung
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Auch in seinem neuesten Werk führt Pötzsch die Leser ins Mittelalter (Ende des 16. Jahrhunderts) , wieder ist das heutige Deutschland der Schauplatz, dieses Mal vor allem die Burg Trifels im Pfälzerwald, im heutigen Rheinland-Pfalz. Die Burg war im 12. Und 13. Jahrhundert ein wichtiger Ort historischer Eriegnisse. Richard Löwenherz soll drei Wochen lang im Trifels gefangen gewesen sein.


3. Die Figuren
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Im wesentlichen hat „Die Burg der Könige“ zwei Hauptfiguren: Agnes, Tochter des Burgvogtes und Mathis, den Sohn des Waffenschmiedes. Mehrere weitere Charaktere haben zwar ihren größeren Anteil an der Geschichte, stehen aber doch im Hintergrund.

a) Agnes
Agnes ist – wie schon gesagt – die Tochter des Trifelser Burgvogtes Philipp von Erfenstein. Die Mutter lebt nicht mehr, Agnes ist für die damalige Zeit ungewöhnlich selbständig: Sie liest viel – auch Dinge, die sie nicht lesen soll, sie trägt „Beinkleider“ (für die damalige Zeit verpönt), geht allein mit ihrem Falken und Hund in die Wälder, ist mit dem sozial unter ihr stehenden Mathis eng befreundet.
Auf mich macht Agnes einen sympathischen aber vielleicht auch für die damaligen Zeit zu modernen Eindruck. Mag sein, dass das an Pötzsch Sprache liegt. Ich erwarte von einem Mittelalterroman keine gestelzte oder altbackene Mittelaltersprache. Aber die Ausdrucksweise ist doch in vieler Hinsicht sehr modern.

b) Mathis
Mathis ist in etwa in Agnes Alter, ist Sohn des Schmieds vom Trifels und somit nicht standesgemäß für Agnes. Dennoch kennen und mögen sich die beiden schon seit ihrer Kindheit. Agnes hat Mathis Lesen und Schreiben beigebracht (im 16. Jahrhundert noch nichts Selbstverständliches).
Auch handwerklich ist Mathis mehr als geschickt – aber auch eigensinnig. Entgegen der Regeln beschafft er sich eine alte Waffe aus der Waffenkammer des Trifels (eigentlich ein Raub), und mischt selber Schießpulver. Doch das ist erst der erste Schritt, später kann er sein Geschickt als Geschützmeister nutzen.

c) Der Burgvogt, Agnes Vater - Philipp von Erfenstein
Agnes Vater nimmt in der Geschichte eher eine Randrolle ein. Einerseits ist er noch der altmodische Ritter, Vater und Herr der damaligen Zeit – und das erwartet man auch von ihm. Er hat ein Auge im Kampf verloren, seine Frau ist gestorben, der Trifels droht zu zerfallen. Trotzdem kämpft Erfenstein – bis zum Schluss.

d) Graf Friedrich von Löwenstein-Scharfeneck
Der Graf ist deutlich reicher als Philipp, er ist in Agnes Alter, er interessiert sich wie sie für die Geschichte der Burg und ist auf Schatzsuche. Trotzdem wirkt auch Friedrich wie ein Egoist – und ist vielleicht etwas zu langweilig und negativ gezeichnet.

e) Schäfer Jockel
Der Schäfer Jockel ist bauernschlau – in jedem Sinne. Er versucht die anderen einfachen Bürger gegen die Herrschenden aufzuwiegeln. Zunächst wirkt er sympathisch, da er Mßstände erkennt und bekämpft und schnell auch merkt, wie gut und clever Mathis ist. Doch dann wendet sich das Blatt, auch Jockel ist nur an Macht interessiert.

f) Melchior
Auch er ist adlig, er wirkt klein, merkwürdig, viele nehmen Melchior nicht ernst, da er ein Barde ist, ein reisender Sänger. Doch Melchior hat ein gutes Herz, in das er auch Agnes schließt. Und er ist ein großartiger Kämpfer.


4. Die Geschichte
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Man könnte diesen Part ganz kurz fassen, in drei Sätze:
„Die Burg der Könige“ ist eine Geschichte einer Schatzsuche. Es ist eine Geschichte von Standesunterschieden und Kämpfen. Und es ist eine Liebesgeschichte.
An sich scheinen das typische Zutaten für eine (gute) Mittelaltergeschichte. Doch ist der Pötzsch-Roman das auch?
Zunächst erlebt man, erlebt der Leser Agnes, die zwar Burgvogtstochter ist, aber trotz ihres Standes und trotz dessen, dass sie eine junge Frau ist, am liebsten in „Beinkleidern“ (Hosen) rum läuft und mit ihrem Falken und ihrem Hund im Wald unterwegs ist. Dort trifft sie auf Mathis, den Sohn des Schmiedes, der verbotene Dinge tut: Er hat sich aus der Waffenkammer des Trifels eine Waffe gestohlen, hat heimlich Schusspulver gemischt und probiert nun beides aus. Doch das bringt ihn und Agnes in Gefahr: Ein Raubritter naht mit seinen Männern, tötet Agnes Hund und verschleppt die Vogtstochter um ein Haar. Auch Agnes Falke ist fort Doch Mathis Waffe und Schießpulver funktionieren, er tötet einen der Angreifer und schafft es, mit Agnes zu fliehen.
Doch das nächste „Ungemach“ droht: Agnes Vater will sie mit dem Kämmerer verheiraten, einem schmierigen älteren Mann, der Agnes gierig schon mal vor der Hochzeit befingern will.
Mathis schließt sich derweil Schäfer Jockel und anderen Bürgern an. Die Situation der einfachen Leute ist schlimm: Sie müssen große Abgaben an die Herrschenden zahlen und haben kaum selber genug zum Überleben. Als die Versammlung von Schäfer Jockel und den anderen von den Obrigkeiten unterbrochen wird, hilft Mathis dem Schäfer zu fliehen – und gerät selber ins Visier des Stadtvogtes von Annweiler. Und auch auf dem Trifels gerät er in Schwierigkeiten. Agnes Vater wirft ihn ins Verliess – als Strafe für die entwendete Waffe, mit der Mathis seine Schießübungen gemacht hatte.
Agnes erhält ihren Falken zurück – zusammen mit einem Ring. Ihr Beichtvater verrät ihr, dass solche Ringe auf König Barbarossa zurück gehen. Agnes beginnt, seltsame Träume zu haben, Träume, die sie in vergangene Zeiten führen
Philipp von Erfenstein beschließt, den Raubritter, der Agnes und Mathis beinahe getötet hätte, anzugreifen. Mathis soll ihm helfen, er schmiedet Kanonen. Begleitet von Graf Friedrich von Löwenstein-Scharfeneck und von Bauern besiegen sie den Raubritter. Doch kurz darauf stirbt Philipp, offenbar vergiftet durch den Grafen. Sein letzter Wunsch: Agnes soll den Grafen heiraten.
Mathis feiert den Sieg mit den anderen Kämpfern ins Annweiler. Der Stadtvogt nimmt ihn fest. Schäfer Jockel revanchiert sich, verhilft Mathis zur Flucht. Gemeinsam mit anderen einfachen Leuten bilden sie eine Art Bürgerheer, kämpfen gegen den Hunger und gegen die Herrschenden. Als sie ein Kloster überfallen, in dem auch Agnes Beichtvater ist, merkt Mathis, dass Jockel eigentlich nur nach Macht giert. Auch der Pater, der für Agnes wie ein väterlicher Freund war, stirbt. In letzter Minute kommt sie dazu, da sie vom Pater mehr über den geheimnisvolllen Ring erfahren wollte. Er sagt, sie würde mehr darüber in St. Goar erfahren. Mathis, Agnes und einem anderen Getreuen vom Trifels gelingt die Flucht aus Schäfer Jockels Bande.
Agnes holt auf dem Schloss des Grafen noch den Ring und ein paar Mäntel. Dabei wird sie von Melchior überrascht, der beschließt, die drei zu begleiten.
In einem Wirtshaus wird die Gruppe von einer Räuberbande überwältigt, Agnes wird zusammen mit der Wirtstochter verschleppt. Barnabass, der Chef der Gruppe, will sie zunächst verkaufen, als er sich aber einem weiteren Trupp vom Kämpfern anschließt, beginnt er Agnes zu vergewaltigen.
Melchior und Mathis nehmen die Verfolgung auf, finden Agnes schließlich wieder, zu dritt erreichen sie St. Goar.
Doch auch ein anderer ist dort eingetroffen: Caspar, ein Dunkelhäutiger, der schon den Stadtvogt von Answeiler, eine Hebamme, die mehr über den Ring wusste, und weitere Menschen umgebracht hat. Auch er ist auf der Suche nach dem Geheimnis des Ringes und auf der Suche nach dem Schatz, zu dem er führen könnte.


5. Themen
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a) Schatzsuche
Die Schatzsuche ist im Prinzip der Hintergrund der Geschichte und auch das Spannungsmoment: Es gibt ein Geheimnis, das nach und nach gelöst werden kann und muss, es gibt Gefahr, weil nicht nur Agnes auf der Spur dieses Geheimnisses ist sondern auch Caspar und möglicherweise weitere Suchende.

b) Geschichte
Eine Schatzsuche könnte man natürlich an sich auch in die heutige Zeit verlegen und eine spannende Erzählung daraus machen. Die Tatsache, dass „Der Ring der Könige“ in der Vergangenheit, im Mittelalter spielt, sorgt dafür, dass die Erzählung ein gewisses Etwas bekommt. Tatsächlich ranken sich Geschichten um einen Schatz des Trifels.
Die andere ebene der historischen Kulisse der Erzählung ist natürlich, dass sie die Möglichkeit bietet, die Standesunterschiede heraus zu arbeiten. Während heutzutage in der westlichen Welt Frauen selbstverständlich selber entscheiden, wen sie heiraten, war es im Mittelalter üblich, dass sie verheiratet wurden. Während heutzutage Heiraten quer durch Schichten und Stände relativ einfach möglich sind, war es im Mittelalter recht unüblich, dass eine Adlige mit einem einfachen Handwerker heiratete.

c) Liebe
Agnes und Mathis sind Freunde – das kann man ohne Probleme sagen. Beide mögen sich sehr, beide akzeptieren aber weitgehend den Fakt, dass sie unterschiedlichen Ständen angehören ... Lange Zeit läuft nichts zwischen den beiden. Trotzdem ahnt man als Leser, wie es mit den beiden wohl ausgehen wird. Einerseits werden sicher viele auch sagen: Ich erwarte ein „Happy End“, andererseits kann man auch sagen: Die Liebesgeschichte ist durchaus vorhersehbar.


6. Vergleich mit anderen historischen Romanen
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„Die Burg der Könige“ erinnert mich einerseits an Ken Follett (Die Säulen der Erde) und an Rebecca Gable (Das Lächeln der Fortuna und die Folgeromane).
Alle drei beschreiben eine historische Kulisse, alle drei schaffen es, sympathische Hauptfiguren zu beschreiben, denen man als Leser gerne folgt. Bei allen dreien spielt dann auch eine Liebesgeschichte eine größere Rolle.
Trotzdem würde ich „Der Ring der Könige“ als den schwächsten der drei Romane einstufen. Er ist zwar durchaus sehr gut weg zu lesen, hat Spannung und die schon erwähnten interessanten Charaktere, aber mir persönlich fehlt ein wenig Würze.


7. Zielgruppe
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Für „Die Burg der Könige“ braucht man Leser mit langem Atem. Das Buch hat fast 1000 Seiten, so dass für mich die drei Vorablesen-Wochen nicht ganz gereicht haben, die gute Geschichte ganz zu bewältigen. Dann sollte der Leser natürlich an historischen Romanen interessiert sein, auch „Deutschland“ als Kulisse mögen und interessant finden.
Wer diese Voraussetzungen erfüllt, wird sicher seine bzw. ihre Freude an dem Roman haben.



8. Daten zum Buch
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Oliver Pötzsch – Die Burg der Könige
 Gebundene Ausgabe: 944 Seiten
 Verlag: List Hardcover (27. September 2013)
 Sprache: Deutsch
 ISBN-10: 3471350837
 ISBN-13: 978-3471350836
- 19.90 Euro


9. Pro & Contra
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Pro
- sympathische Hauptfiguren
- gute Geschichte
- interessante historische Kulisse

Contra
- mitunter zu einfache Sprache
- vorhersehbar


10. Fazit
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„Die Burg der Könige“ ist für meinen Geschmack ein guter, ein lesenswerter historischer Roman – das schon mal vorweg. Ja, ich habe im Verlauf dieser Rezension auch kritische Anmerkungen gemacht. Und zu dieser Kritik stehe ich auch: Die Sprache war aus meiner Sicht etwas schlichter als in anderen historischen Romanen, ich kann das gar nicht konkret an Beispielen fest machen, es war vielmehr der Gesamteindruck. Und die Geschichte, insbesondere die Liebesgeschichte ist vorhersehbar (das ist aber bei anderen Mittelalter-Romanen nicht anders).
Insgesamt ist es Pötzsch aber gelungen, sehr sympathische Hauptfiguren zu schaffen, deren Schicksal ich gerne nachgefolgt habe. Das Motiv der Schatzsuche ist zwar nicht neu, aber immer wieder gut und von Pötzsch insgesamt in einer sehr süffigen, spannenden, guten Geschichte verpackt worden.
Von mir gibt es für die „Burg der Könige“ gute vier Sterne und eine Empfehlung!