Zurück auf Anfang

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
buecherfan.wit Avatar

Von

In Katharina Münks Roman “Die Eisläuferin” hängt die Regierungschefin einer westlichen Industrienation während eines Urlaubs auf Teneriffa ihren bewährten Sicherheitsbeamten Bodega ab, um mit ihrem Mann heimlich nach Moskau zu fliegen und von dort eine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn anzutreten. Dann passiert das Unglück. In Omsk fällt ihr das Bahnhofsschild auf den Kopf, und sie vergisst die letzten zwanzig Jahre ihres Lebens. Außerdem kann sie nicht mehr lesen und schreiben. Sie wird zunächst in einer russischen Klinik behandelt, aber es gibt keine schnelle Besserung. Da keine anderen geeigneten Kandidaten in Sicht sind und ihre Parteigenossen die Macht nicht an die Opposition abgeben wollen, wird das Handicap der Chefin geheim gehalten. Damit nichts auffällt, wird sie jeden Tag in der Morgenbesprechung informiert, wer sie ist und wie sie sich verhalten soll. Ihre politische Karriere wird ihr täglich im Schnelldurchlauf präsentiert, und sie selbst stellt abends Videos vom Tag her, die am nächsten Morgen ihrer Erinnerung auf die Sprüngen helfen sollen. Der russische Therapeut Dimitrij hat die Idee, Erlebnisse mit Emotionen zu verknüpfen, um sie auf diese Weise in der Erinnerung zu verankern. Sein Konzept scheint zu funktionieren. Die Regierungschefin verändert sich, beginnt, sich an Personen und Begebenheiten zu erinnern. Sie bemerkt aber auch, dass man ihre eine frisierte Wahrheit vorsetzt und ihr Mann dazu angehalten wird, das ihr zugängliche Informationsmaterial zu zensieren. Der langsame Prozess der Genesung hat eine Kehrseite: Sie wird zunehmend unkontrollierbarer und damit ein Risiko für ihre Partei. Gerade als man sie dazu bringen will zurückzutreten, erreicht ihre Popularität Höchstwerte, und selbst ein scheinbarer Skandal, der von der Presse ausgeschlachtet wird, kann ihr nichts anhaben. Das Ende ist ein brillanter Einfall, eine wirklich gelungene Pointe.

Katharina Münk ist eine gut lesbare, teilweise recht witzige Politsatire gelungen, die von skurrilen Einfällen und Anspielungen lebt. Der Leser denkt sich sein Teil und ist amüsiert. Insgesamt eine unterhaltsame, originelle Lektüre.