Ein bißchen bin ich enttäuscht

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stephanus217 Avatar

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Ich bin kein Sylt-Fan und gehöre auch nicht zur Zielgruppe von Frauen-/ Liebesromanen und war nach der Buchvorstellung dennoch gespannt, hatte ich doch eine bös-humorige Darstellung alter Geschwisterkonflikte erwartet.
Nun ja, die habe ich auch bekommen, zumindest teilweise.
Aber worum geht es eigentlich?
Da ist zum einen Julia, eine durchaus erfolgreiche Architekten in den 30ern, die mit ihrem Freund, zugleich ihrem Chef, in einem schicken Loft in Hamburg lebt, als durch ein Brandunglück ihr Vater, zu dem sie seit Jahren ein schwieriges Verhältnis und kaum Kontakt hat, ums Leben kommt und sie ihre Mutter, zu der ist ihr Verhältnis nicht besser, vorübergehend bei sich aufnimmt.
Da erfährt sie, dass ihr Vater ihr ein Haus auf Sylt vererbt hat. Um die Formalitäten zu regeln macht sie sich mit ihrer Mutter auf den Weg nach Sylt, ihre beiden Tanten im Schlepptau, wobei die 3 Schwestern, alle in den 60ern, ebenfalls seit Jahrzehnten heillos zerstritten sind.
Julia hat sich vorgenommen, die Schwestern auf der Reise zu versöhnen, um so auf elegante Art die nervige Mutter loszuwerden...
Die Abwicklung des Erbes verzögert sich und am Ende kommt alles anders, was viel mit dem charmanten Besitzer der Pension zu tun hat, in der das Quartett abgestiegen ist...

Der von mir erwartete Zickenkrieg zwischen den Schwestern und der Aufarbeitung der verschütteten Konflikte ist wie erhofft, pointiert, witzig und sehr unterhaltsam beschrieben, macht aber nur einen kleineren Teil des Buches aus. Die Beschreibung der Insel nimmt einen viel größeren Raum ein als erwartet und letztlich im Vordergrund steht die Selbstfindung/ -entschleunigung der Hauptfigur einhergehend mit dem Ende einer alten und dem Beginn einer neuen Liebe - also doch ein Frauen-/Liebesroman. Und eine gehörige Portion Kitsch ist auch dabei.
Aber das Buch hat mit einem rasenden Tempo losgelegt, mittendrin dreht sich die Geschichte hie und da etwas im Kreis, um am Ende wieder Fahrt aufzunehmen.
Ich habe mich, obwohl es eigentlich doch nicht wirklich mein Buch ist, bestens unterhalten, was will ich mehr?
Kleiner Punktabzug dafür, dass die Autorin immer ein kleines bißchen drüber ist - ein kleines bißchen zu viel Kitsch, ein kleines bißchen zu viel Selbstfindung, ein kleines bißchen zu viel Insel...