ein unaufhaltsames System

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anne_kaffeekanne Avatar

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Die sogenannten "Concours", Vorbereitungsklassen für die Universität in Frankreich sind berüchtigt. Nur wenige schaffen es, dem Arbeitsaufwand und dem Druck standzuhalten, meist sind es Kinder studierter Eltern. Victor kommt aus einfachen Verhältnissen, scheint kaum Chancen zu haben und fühlt sich einsam und fehl am Platz. Einzig seinem Kommilitonen Mathieu versucht er sich vorsichtig anzunähern. Als Mathieu Selbstmord begeht stehen die Schulleitung, die Eltern und die anderen Studenten vor unangenehmen Fragen. Und auf einmal steht Victor im Zentrum der Aufmerksamkeit. Der Student, der sich nach Anerkennung und Verständnis sehnt, trifft auf den verzweifelten Vater und fassungslose Kommilitonen. Der Autor deckt die Schwächen der Figuren auf, ohne sie unsympathisch zu machen. Man fühlt sich Victor sehr nahe, der präzise und realistisch geschildert wird. Die Kritik am französischen Bildungssystem wird eindringlich dargestellt. Das zynische System der Vorbereitungsklasse zerstört die Sensiblen und bringt Zyniker hervor, die andere quälen. Der Verlust des Kindes wiederum erschüttert seine Eltern auf ganz unterschiedliche Arten.
Die Sprache ist sehr poetisch. Der Autor nutzt vor allem leise Töne und Grauabstufungen. Kein einfaches Thema, aber ein lohnenswertes Buch, das zum Nachdenken anregt.